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Die Welt als Wille und Fußball: Ein Porträt Viktor Orbáns im Spiegel seines Lieblingssports

Keno Verseck
Journalist

geb. 1967 in Rostock, freiberuflicher Journalist mit Schwerpunkt Mittel- und Südosteuropa.

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Keno VerseckFreitag, 12.01.2018

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán ist ein Fußballnarr. Genauer gesagt, ein obsessiver Fußballfanatiker. Er spielte jahrelang selbst regelmäßig und sehr ernsthaft Fußball (inzwischen hindert ihn sein physisches Format daran), wäre am liebsten Fußballprofi geworden und liest morgens nach dem Aufstehen als erstes die Fußballnachrichten der ungarischen Sportzeitung Nemzeti Sport. Orbáns Kindheitsdorf Felcsút hat inzwischen ein gigantisches Fußballstadion mit mehr Plätzen als Einwohnern (direkt gegenüber von Orbáns Haus) und überhaupt ist Ungarn nach acht Jahren Orbán-Herrschaft voller Fußballstadien (in die kaum Besucher kommen). Wer etwas von Orbán will, was immer es ist, dessen Erfolgschancen sind am größten, wenn er es über Fußball versucht. Darauf spekulierten auch die beiden Guardian-Reporter David Goldblatt und Daniel Nolan - mit Erfolg. Sie trafen Orbán, der großen westlichen Qualitätszeitungen keine Interviews mehr gibt, während eines Fußballspiels in Felcsút, weil sie mit einem Fußballbuch von David Goldblatt ("A Global History of Football") aufwarten konnten, das Orbán gefiel. Er gewährte ihnen eine Audienz und führte sie auf das Dach "seines" Stadions. Was er den beiden dort über Fußball erzählte und was sie ganz lakonisch in Zitaten wiedergeben, ist ein großartiger Spiegel von Orbáns Persönlichkeit. Um diesen Besuch herum erzählen die beiden Reporter, sehr lesenswert und ausführlich, die politische Biographie Orbáns. Kleine Kritik: Leider wiederholen sie, wie seit Jahren ungezählte Journalisten und auch einige Biographen, den Mythos, auf dem Orbáns Karriere wesentlich aufbaut, nämlich er habe am 16. Juni 1989 (der Tag des Neubegräbnisses von Imre Nagy) in der bis heute wichtigsten Rede seines Lebens, erstmals und als Erster den Abzug der sowjetischen Truppen aus Ungarn gefordert. Unsinn: Kurz zuvor hatte das in einer Rede bereits der ehemalige Vorsitzende des 1956er Groß-Budapester Arbeiterrates Sándor Rácz gefordert. Trotzdem: Sehr lesenswert.

Die Welt als Wille und Fußball: Ein Porträt Viktor Orbáns im Spiegel seines Lieblingssports

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