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Fundstücke

So blickt die schwedische Linke auf Nato und den Ukraine Krieg

Jürgen Klute
Theologe, Publizist und Politiker
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Jürgen KluteFreitag, 16.06.2023

Nach dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine haben sich die Regierungen der bis dahin neutralen bzw. militärblockfreien Länder Finnland und Schweden für eine NATO-Mitgliedschaft entschieden. In beiden Gesellschaften fand diese Entscheidung eine breite parteiübergreifende Unterstützung. In Schweden haben lediglich die grüne Partei und die Linkspartei im Parlament gegen die NATO-Mitgliedschaft gestimmt.

In dem hier verlinkten Artikel erklärt Jonas Sjöstedt von der schwedischen Linken, weshalb die dortige Linke gegen die NATO-Mitgliedschaft gestimmt hat. Sjöstedt war von 1995 bis 2006 Mitglied des Europäischen Parlaments und von 2012 bis 2020 Vorsitzender der schwedischen Linkspartei.

Wer die Debattenbeiträge der deutschen Linken (Partei DIe LINKE wie gesellschaftliche Linke und Friedensbewegung) zu NATO und zum russischen Angriff auf die Ukraine vor Augen bzw. im Ohr hat, assoziiert damit vermutlich Putin verstehende und auch sonst teils sehr irritierende bis verworrene Positionen.

Sjöstedts dargestellten Positionen der schwedischen Linkspartei unterscheiden sich davon fundamental. Er lässt keinen Zweifel daran, dass der russische Angriff völkerrechtswidrig und durch nichts zu legitimieren. Und er hat eine klare Einschätzung zur politischen Führung Russlands: „Solange Putin jedoch an der Macht bleibt, wird Russland eine Bedrohung für die Sicherheit seiner Nachbarländer wie der Republik Moldau, Georgien und der Ukraine darstellen.“

Dass Sjöstedt sich dennoch gegen eine NATO-Mitgliedschaft ausspricht, begründet er vor allem mit der bisherigen außenpolitischen Rolle Schwedens, die sehr stark auf Menschenrechten und ökologischen Prinzipien basiert und auf (atomare) Abrüstung zielt.

Durch eine NATO-Mitgliedschaft sieht Sjöstedt die außenpolitischen Spielräume Schwedens eingeengt – so etwas in der Auseinandersetzung mit dem türkischen Präsidenten, der einer NATO-Mitgliedschaft Schwedens nur zustimmen will, wenn Schweden entgegen seiner bisherigen Praxis kurdische Aktivisten und Politiker – entgegen geltenden Völkerrechts – an die Türkei ausliefert. Darüber hinaus sieht er die NATO-Unterstützung für die Ukraine als keineswegs langfristig gesichert an mit Blick auf die anstehenden Wahlen in den USA, aber auch mit Blick auf Ungarn und die Türkei.

Sjöstedt rundet seinen Beitrag ab mit einigen Überlegungen, wie die schwedische Linke unter den gegebenen neuen Bedingungen zukünftig für eine auf Menschenrechten, Klimaschutz und Abrüstung basierende Politik eintreten kann.

Angesichts der Schwäche der Linken in Deutschland ist dies ein lesenswerter Beitrag, zeigt er doch, wie eine zeitgemäße, reflektierte und stringent argumentierende linke Politik angesichts von Klimakrise und dem russischen Krieg gegen die Ukraine aussehen kann.

So blickt die schwedische Linke auf Nato und den Ukraine Krieg

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Kommentare 7
  1. Corinna Berlin
    Corinna Berlin · vor mehr als ein Jahr

    Vielen Dank für diesen interessanten Beitrag jenseits des Tellerrands. Endlich liest man mal wieder von einer klugen und differenzierten linken Position. Vielleicht gibt es in anderen Ländern noch mehr inspirierenden Input für die Linke in Deutschland, die ausschließlich mit sich selbst beschäftigt zu sein scheint.

  2. Hartmut Bischoff
    Hartmut Bischoff · vor mehr als ein Jahr

    Vielen Dank!
    Endlich mal ein runder Beitrag über eine diskussionswürdige linke Position.
    Mein Fazit: Wer heute Links denkt, ist in der Vorstellung eines »guten russischen Volksstamms« gefangen. Gut, gerade Deutschland hat gezeigt, dass eine Nation sich von einem Irrweg abwenden kann. Voraussetzung dafür war aber eine vorübergehende Teilung und Schwächung der Bedeutung des Landes in der Welt. Das ist auch für das post-putinsche Russland eine absolute Notwendigkeit. Solange die linken Parteien das nicht begreifen, wirkt alles auf mich oberflächlich und nicht zu Ende gedacht. Da steht ihnen einfach ihre Ideologie im Wege.

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als ein Jahr

      Würde das nicht heißen, viele Linke sind in einem rassistischen Narrativ von "guten (bzw. auch schlechten) Volksstämmen" gefangen? Und hat Deutschland als Nation, nach dem es den einen Irrweg verlassen hat, nicht den nächsten betreten? Mit seinem moralisch belehrenden Kampf gegen Atomkraft, Gentechnik, für universelle Gerechtigkeit in ziemlicher Selbstüberhebung die Welt zu retten? Wobei man übersieht, dass man nicht mal ziemlich einfache Aufgaben wie ordentliche Infrastrukturen, gute Bildung, demokratisches Miteinander im eigenen Land hinbekommt?

    2. Hartmut Bischoff
      Hartmut Bischoff · vor mehr als ein Jahr

      @Thomas Wahl Mein Eindruck ist, dass den Linken mit dem Krieg in der Ukraine das letzte ideologische Fundament entzogen wurde. Alle originär linken Staaten sind inzwischen totalitär, Klassenkampf hat sich überlebt.
      Die Sehnsucht nach einem guten Leben bleibt. Eigentlich links wäre dann die »letzte Generation«, die hat aber dummerweise bürgerliche Wurzeln.

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als ein Jahr

      @Hartmut Bischoff Hatten nicht viel, ja fast alle (führenden), Linken bürgerliche Wurzeln? Marx, Engels, Lenin, Trotzki, Gramsci ……

    4. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor mehr als ein Jahr

      @Hartmut Bischoff von was für Linken ist denn da die Rede... ? Oder direkter gefragt: nicht vielleicht denkbar, dass politisches Linkssein in Deutschland 2023 mit Russland, wie mit Sozialismus nichts mehr zu tun hat? Mindestens für die allermeisten Linken nicht?

  3. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor mehr als ein Jahr

    Danke. Das überzeugt mich. Ich hoffe, Linke übernehmen es hierzulande.

    Diese Mischung aus deutlicher Unterstützung der Ukraine heute und neuen Ansätzen für eine gemeinsame Sicherheit morgen ist gut.

    Nächste Woche habe ich gleich 3 Veranstaltungen in der RLS: Eine am Weltflüchtlingstag in Rostock, eine in Parchim und dann noch diese am 23. Juni in Berlin mit zwei herausragenden Gästen: https://www.rosalux.de...

    Ich hoffe, dass es ebenso bei Flucht und Einwanderung sich bald einiges bewegt.

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