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Europa

Manfred Weber (MdEP/CSU) sucht sein Heil im Populismus

Jürgen Klute
Theologe, Publizist und Politiker
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Jürgen KluteSamstag, 01.07.2023

Bisher galt das Europäische Parlament (EP) als eine politische EU-Institution, die sich generell und zuverlässig für Umwelt- und Klimaschutz (Green Deal), für Menschenrechte und auch für Entwicklungspolitik starkgemacht hat, und in der Regel deutlich weitergehende Konzepte in diesen Politikfeldern entwickelte als die nationalen Regierungen im Rat der Europäischen Union – oft auch weitergehende Vorschläge hatte, als die EU-Kommission als die Institution, die für die Ausarbeitung von Gesetzesvorlagen verantwortlich ist.

Dies ändert sich derzeit rapide. Verantwortlich dafür ist der Vorsitzende der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) im EP, der CSU-Politiker Manfred Weber. Mit Blick auf die kommenden Europawahlen im Juni 2024 hat Weber sich zum Ziel gesetzt, die eigentlich eher sachbezogene Arbeit des Europäischen Parlaments mit rechter Ideologie aufzumischen. Zum einen pflegt er enge Beziehungen zur neofaschistischen italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Vor allem aber zieht er den rein ideologisch motivierten Kampf von CDU und CSU in der Bundesrepublik gegen eine wirksame Klimapolitik und gegen eine wirksame Menschenrechtspolitik auf die EU-Ebene (was allerdings nicht nur auf Zustimmung in der EVP stößt, wie mir kürzlich die finnische EVP-Abgeordnete Sirpa Pietikäinen sagte).

In den bundesdeutschen Medien wird bisher kaum zur Kenntnis genommen, welche politischen Scherbenhaufen Manfred Weber auf EU-Ebene produziert. Deshalb will ich auf drei Artikel verweisen, die auf dem EU-weiten und mehrsprachigen Nachrichtenportal Euractiv in den letzten Wochen erschienen sind.

Der direkt verlinkte Artikel zeigt u. a. auf, mit welchen (Druck-)Mitteln Manfred Weber vorgeht, um Klima- und Umweltpolitik auf EU-Ebene auszubremsen. Bisher konnte das mit knappen Mehrheiten verhindert werden. Aber ob die knappe Mehrheit für Klimaschutz Bestand haben wird, ist unsicher.

Bereits Anfang Mai 2023 wies Julia Dahm in ihrem Euractiv-Artikel „EU-Wahlen: Unionslager opfert Umweltschutz für ländliche Wähler“ auf den von Weber betriebenen Strategiewechsel hin und suchte nach Motiven für diesen Wechsel.

Als am 1. Juni 2023 die Abstimmung über die Richtlinie zum „Lieferkettengesetz“ anstand, haben die deutschen EVP-Abgeordneten (wie übrigens auch alle FDP-Abgeordneten im EP) gegen diese Richtlinie gestimmt, wie János Allenbach-Ammann auf Euractiv berichtet: „EVP greift in letzter Minute EU-Lieferkettengesetz an“.

Ende Juni 2023 schrieb Kjeld Neubert in einem Euractiv-Artikel unter dem Titel „Bullmann: EU-Wahlkampf erreicht Entwicklungspolitik“:

„Die Europäische Volkspartei (EVP) befindet sich bereits mitten im Wahlkampfmodus und macht auch vor der Entwicklungspolitik nicht halt. Derzeit wartet sie mit “ideologischen Grundblockaden” auf, sagte der führende Abgeordnete im EU-Parlament, Udo Bullmann, in einem Interview mit EURACTIV.“

Bisher galt die EU-Politik zwar als langsam und schwerfällig, aber sie hat in der Regel stabile Kompromisse zwischen den politischen Interessengruppen erzeugt. Diese neue destruktive Politik à la Manfred Weber beschädigt diese europäische politische Kultur der Kompromissfindung. Im Blick auf die Klimapolitik bedeutet der Populismus von Weber eine akute Gefährdung unserer Zukunft. Das hat der Potsdamer Klimaforscher Stefan Rahmstorf in einem Beitrag in DER SPIEGEL vom 29. Juni 2023 „Klimakrise: Weniger Tempo bedeutet mehr Katastrophen“ noch einmal anschaulich dargelegt. Demnach bleiben nur noch weniger als zehn Jahre, bis das globale CO2-Budget aufgebraucht ist, das uns bleibt, wenn wir relevante Klimakipppunkte nicht überschreiten wollen. Auch wenn die Maßnahmen des EU-Green-Deals keineswegs ausreichen, gilt die EU dennoch bisher auf globaler Ebene als treibende Kraft in der Klimapolitik. Das mag verdeutlichen, welche Auswirkungen es haben wird, wenn sich die deutschen Konservativen mit Weber an der Spitze mit ihrer destruktiven Klimapolitik auf EU-Ebene durchsetzen. Da es sich hier vor allem um deutsche EU-Abgeordnete handelt (die deutsche Delegation hat einen prägenden Einfluss auf die EVP), sollte auch von der bundesdeutschen Zivilgesellschaft sehr genau auf die Aktivitäten dieser Europaabgeordneten in den nächsten Monaten bis zur Europawahl geschaut werden.

Manfred Weber (MdEP/CSU) sucht sein Heil im Populismus

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