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Europa

Gandhis Weg der Gewaltlosigkeit passt nicht für jede Situation

Jürgen Klute
Theologe, Publizist und Politiker
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Jürgen KluteSamstag, 07.05.2022

Ende 1982 kam Richard Attenboroughs Film „Gandhi“ in die Kinos. Also während der Debatte um den sogenannten Nato-Doppelbeschluss vom Dezember 1979, einer Hochphase der deutschen Friedensbewegung, in der mehrere Hunderttausend Menschen gegen diesen Beschluss auf die Straße gingen. Spätestens mit Attenboroughs Film wurde Gandhi als einer der bedeutendsten Protagonisten zivilen Ungehorsams und des gewaltlosen Widerstandes zu einer Leitfigur der Friedensbewegung.

Gandhis Methoden des gewaltlosen Widerstandes spielen auch in der Debatte um die richtige Antwort auf den Überfall der russischen Armee auf die Ukraine eine Rolle. Aufgrund dieser Debatte hat Hasnain Kazim in der ZEIT einen Beitrag über den gewaltlosen Widerstand Gandhis veröffentlicht. Kazim ordnet darin Gandhis Methoden in den historischen Kontext der Auseinandersetzung mit der britischen Kolonialmacht in Indien ein und zeigt damit auf, unter welchen Bedingungen Gandhis Methode zu einem – letztlich auch nur bedingten – Erfolg führte.

Weiterhin macht Kazim damit deutlich, in welchen Punkten sich die heutige Situation in der Ukraine von der in Indien zur Zeit Gandhis unterscheidet. Und er erinnert an einen kaum bekannten Aufsatz Gandhis von 1938, in dem er den Juden im Machtbereich der Nationalsozialisten die Methoden des gewaltlosen Widerstands empfahl – worauf der jüdische Philosoph Martin Buber, der damals bereits in Jerusalem lebte, in einem Brief an Gandhi darlegte, weshalb dessen Methoden in Nazi-Deutschland nicht anwendbar waren. Bubers Argumente sind heute im Blick auf das Vorgehen der russischen Armee noch genau so treffend wie sie es 1938 im Blick auf die Nazis waren.

Inspiriert durch Attenboroughs Film habe ich mich seinerzeit intensiv mit Gandhis Leben und seiner Methode des gewaltlosen Widerstands befasst. Aufgrund dessen kann ich der von Hasnain Kazim vorgenommen Einordnung der Methoden Gandhis nur zustimmen, seinen Artikel hier weiterempfehlen und seine Schlussfolgerung unterstreichen: „Gandhis Strategie erzielte zu einem bestimmten historischen Zeitpunkt Erfolge. Das einfach aufs Heute zu übertragen, funktioniert nicht.“

Gandhis Weg der Gewaltlosigkeit passt nicht für jede Situation

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Kommentare 5
  1. Renate Baumgart
    Renate Baumgart · vor mehr als 2 Jahre

    Lieber Piqer, ich scheitere leider an der Bezahlschranke, würde den Artikel aber sehr gerne lesen. Gibt es vielleicht eine Möglichkeit? Liebe Grüße, Renate Baumgart

    1. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor mehr als 2 Jahre

      Liebe Renate Baumgart, eine Möglichkeit ist, einfach ein Probeabo abzuschließen. Das kannst du ja jederzeit wieder kündigen und es kostet 1 Euro und läuft 1 Monat.

  2. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor mehr als 2 Jahre · bearbeitet vor mehr als 2 Jahre

    richtig. Gandhi hat auch deswegen funktioniert weil die Engländer rudimentär Hemmungen hatten... weil sie trotz aller Probleme eine Demokratie waren - mit einer (Welt)Öffentlichkeit der es nicht egal sein konnte, was ihre Bevölkerung und 'die Welt' davon hielten.

    "Man kann einsichtslosen Menschenseelen gegenüber eine wirksame
    Haltung der Gewaltlosigkeit einnehmen, auf Grund der Möglichkeit, ihnen dadurch allmählich Einsicht
    beizubringen, aber einer dämonischen Universalwalze kann man so nicht begegnen." Zitat Martin Buber

    und England war bereits Kolonialmacht im fremden Land; Guerilla oder gewaltfreier ziviler Widerstand funktioniert n i c h t während eines Krieges, erst danach...

  3. Der Barde Ralph
    Der Barde Ralph · vor mehr als 2 Jahre

    Was soll ich denn jetzt daraus schlussfolgern?
    Ja zu Waffen und lasst uns hurtig in den Krieg ziehen?
    Übrigens, der gewaltose Widerstand funktioniert doch schon, so langsam aber sicher. Dazu gehört der Druck auf die Oligarchen. Immer mehr Menschen in Russland leisten Widerstand, da immer mehr tote Soldaten nach Hause kommen, mehr als Putin sich jemals vorgestellt hat.
    Bei mir scheitert jedenfalls der Versuch, Krieg notwendig zu reden.
    Mein Geist ist für diese Form von Mobilmachung nicht bereit.

    1. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor mehr als 2 Jahre

      Um geistige Mobilmachung geht es tatsächlich, aber in einem anderen Sinne: Nämlich zu sehen, dass nicht jede Methode der Konfliktbearbeitung für jeden Konflikt funktioniert. Was Gandhi 1947 in Indien gelang mit seinen Methoden des gewaltlosen Widerstandes, das hat zwischen 1939 und 1945 gegenüber dem nationalsozialistischen Deutschland eben nicht funktioniert. Geistige Mobilmachung heißt also in diesem Kontext, nach den heute unter den konkret gegebenen Bedingungen den geeigneten Wegen zu suchen, den Krieg Russlands gegen die Ukraine zu beenden.

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