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Technologie und Gesellschaft

Das Internet als „vollkommen narzisstische Angelegenheit“ – ein Interview mit Boris Groys

Jörn Klare
Neugier und Misstrauen
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Jörn KlareDienstag, 12.11.2019
Für brand eins spricht Peter Laudenbach mit dem „einflussreichsten Medien- und Kunsttheoretiker der Gegenwart“ Boris Groys über die Bedeutung des Internets und Virtual Reality, wobei der zweiundsiebzigjährige Mathematiker und Philosoph eine Reihe sehr interessanter Thesen formuliert.

Das Internet ist kein Fenster zur Welt, es ist ein Spiegel, in dem wir immer nur uns selbst sehen, unsere Interessen, Wünsche, Begehren.(…) Das Internet schafft nicht Kommunikation und Austausch, sondern eine Fragmentierung der Gesellschaft, eine Art Autismus.

Groys weist dabei vor allem darauf hin, wie unsere Weltwahrnehmung durch Social Media verändert wird.

Das ist wie in einem Supermarkt mit einer Milliarde Angeboten. Der einzige Ausweg ist, das zu wählen, was man immer schon kannte.

Fake News sind für ihn weniger ein Problem …

Wenn man nicht die richtigen Fragen stellt, ist es völlig egal, ob all die Tatsachenbehauptungen über belanglose Angelegenheiten stimmen oder nicht. Am besten kann man die Menschen mit Fakten manipulieren.

… und Verschwörungstheorien hält er für unvermeidlich. Weiter geht es in gut zehn Minuten Lesezeit unter anderem um den „Modus des permanenten Selbstmarketings“, in dem wir leben, einfache Kritik, die in unserer Konkurrenzgesellschaft Existenzängste auslöst, Siri als gute Fee und Virtual Reality, die Wirklichkeit im Grunde auch nicht stärker simulieren kann als ein guter Roman.

Kirche, Kino, Computerspiele – das sind immer Drogenerfahrungen, um dem eigenen Leben zu entkommen und andere, intensivere, aufregendere Wahrnehmungen zu machen.

Sehr anregend und lesenswert.

Das Internet als „vollkommen narzisstische Angelegenheit“ – ein Interview mit Boris Groys

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Kommentare 3
  1. Jörn Klare
    Jörn Klare · vor fast 5 Jahre

    Danke für die Hinweise, bzw. Korrekturen. Das genaue Marx-"Zitat" war mir auch nicht bewusst. Sehr interessant.

  2. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor fast 5 Jahre

    Das ist die Crux bei Groys: Er ist gedankenschnell, anregend, aber ihm unterlaufen ständig Fehler.

    Ein Beispiel: Laudenbach wie Groys glauben, dass Marx die Religion als Opium FÜR das Volk charakterisierte.
    Das ist falsch: "Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes."
    In dieser Formulierung des jungen, 25jährigen Marx ist schon die Richtung seines späteren Werkes zu erkennen: Alles wird aus den sozialen Verhältnissen von unten entwickelt. Das mehrfache falsche "Zitat" im Gespräch zeigt: beide verstehen die Basis dieses Denkens nicht.

    Andere Beispiele für Fehler findet man im anderen Kommentar.

  3. Gunnar Sohn
    Gunnar Sohn · vor fast 5 Jahre

    Fragmentierung und privatisierte Öffentlichkeiten entstehen in der Tat vor allem durch das Social Web. Aber die Aussage zum Autismus ist schlichtweg falsch. Früher prägten die Massenmedien die öffentliche Meinung. Man sprach gar von Medienkonsonanz. Nur selten kam es zu einer Abweichung - dann sprach man vom doppelten Meinungsklima. Jetzt, wo jeder Empfänger und Sender sein kann, haben wir wohl ein vielfaches Meinungsklima, aber mitnichten nur die narzisstische Spiegelung eigener Anschauungen. Das ist Unfug und lässt sich auch empirisch nicht belegen.

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