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Jochen Schmidt zählte 1999 zu den Mitbegründern der Berliner Lesebühne "Chaussee der Enthusiasten", bei der er bis 2017 wöchentlich auftrat und neue Texte las. Er veröffentlichte Erzählungen ("Triumphgemüse", "Seine großen Erfolge", "Meine wichtigsten Körperfunktionen", "Weltall. Erde. Mensch", "Der Wächter von Pankow"), Romane ("Müller haut uns raus", "Schneckenmühle", "Zuckersand"), Reiseliteratur ("Gebrauchsanweisung für die Bretagne", "Gebrauchsanweisung für Rumänien", "Gebrauchsanweisung für Ostdeutschland"), eine "Gebrauchsanweisung fürs Laufen" und "Schmidt liest Proust", das Tagebuch eines Lektürejahrs. Mit der Künstlerin Line Hoven arbeitete er für "Dudenbrooks", "Schmythologie" und "Paargespräche" zusammen. Gemeinsam mit David Wagner schrieb er die deutsch-deutsche Kindheitserkundung "Drüben und drüben". Zuletzt erschien der Roman "Ein Auftrag für Otto Kwant".
Nicht, daß man mich falsch versteht, ich schätze das (kostenlose) Angebot von kicker.de außerordentlich, denn, obwohl ich nur noch selten Bundesliga gucke, muß ich nach wie vor alles wissen, und zwar möglichst "zeitnah": wie gespielt wurde, wie der Halbzeitstand war, wer wann getroffen hat, wie viel Tore er in der Saison/ in seiner Karriere/ im Verein/ in der Nationalmannschaft schon geschossen hat, wie viel (oder wie viele?) Elfmeter darunter waren, wie die Torschützenliste in England, Spanien, Italien aussieht (zum Spaß gucke ich auch in Bulgarien und Rumänien, leider sind hier auf kicker.de keine Torschützenlisten abrufbar, dafür sehe ich mir an, welche Vereine dort inzwischen spielen und freue mich, wenn ich in den Orten schon gewesen bin), ich muß wissen, ob Pizarro und Draxler auf ihre alten Tage noch mal eingewechselt wurden, ob Sané bei Manchester City "in der Startaufstellung stand", bei welchen Vereinen die Spieler der isländischen Nationalmannschaft spielen, wer der zweite und dritte Torwart bei Arsenal ist, aus welchem Land er kommt, wie Messis Torquote im Verein ist, ob Ronaldo eine bessere hat, wie groß, alt und schwer beide sind (leider erfährt man ja trotz angeblich hypertropher Berichterstattung immer noch nichts über aktuelle 100- und 3000-Meter-Zeiten der Spieler und auch nicht, wie hoch sie aus dem Stand springen können), ich scrolle nach unten und gucke, ob Federer (der keine Bücher liest!) endlich wieder Nummer Eins der Weltrangliste ist, ob Nowitzki verloren hat, wie viel Punkte er noch braucht, um in der NBA-Alltime-Scorer-Liste Wilt Chamberlain zu überholen, ich überschlage, ob LeBron James noch vorher an ihm vorbeiziehen wird (ich habe noch nie ein NBA-Spiel gesehen!), Wintersport, Formel Eins, Eishockey und "eSport" interessieren mich zum Glück nicht (obwohl ich neulich geguckt habe, ob Jaromir Jagr noch spielt, der letzte Profisportler, der vom Alter her mein Bruder sein könnte und nicht mein Sohn), also scrolle ich wieder hoch und werfe noch einen kurzen Blick auf die dritte und manchmal auch auf die vierte Liga, wie viele Zuschauer es in Magdeburg, Chemnitz und Aue waren, wo Ahlen liegt und wo Aalen und wie viele Einwohner "Großaspach" hat, bzw. welchen Großbetrieb es dort gibt, dem der Verein seine Existenz verdankt.
Wenn ich mit all dem durch bin, was schon mal fünf Minuten dauern kann, gucke ich auf kicker.de noch einmal ganz oben, ob es inzwischen wieder einen neuen redaktionellen Beitrag gibt, und wenn nicht, klicke ich widerstrebend auch noch die aktuelle Fotostrecke mit den ältesten Bundesligatorschützen aller Zeiten oder sämtlichen Spielern, die bei Schalke und beim BVB gespielt haben durch. Zwischendurch lese ich natürlich alle Spielberichte nach, deren Sprache Kollege Andreas Merkel auf piqd.de "Panzerfahrer-Prosa" genannt hat. Der Begriff beschreibt treffend den Reiz dieser Textsorte, als treuer Leser habe ich aber zusätzlich eine Leidenschaft für Stilblüten entwickelt, von denen es auf kicker.de besonders duftende zu pflücken gibt. Manchmal ist sogar ein bisher unbekannter Malapropismus dabei, weil ein Autor ein besonders grobes Schnitzel begangen hat. Man muß beim Schreiben mit seinen Kräften hausieren und darf sich nicht auf die falschen Pferde locken lassen! Eins ist klar, im Haifischbecken des allgemeinen Sprachgebrauchs wird das Deutsch der Zukunft geschmiedet. Manchmal sind es subtile sprachliche Rätsel, und ich muß für die Lösung etwas länger grübeln: "Die Taktung des Premiere-League-Spieltags zehrt an den Nerven." Das Seltsame ist ja: Man weiß, was gemeint ist, obwohl es gar nicht gesagt wurde. Offenbar wird die Sprache, wenn es ums Kommunizieren geht, überschätzt. (So ähnlich steht es auch hier). Noch besser ist der Fehler hier versteckt (vielleicht ist es aber auch gar keiner?): "Warum es gegen Katar nicht gereicht hat, weiß Sigurdsson, dem aber nicht Bange ist vor der Zukunft des deutschen Handballs." Bange ist mir vor der Zukunft, für die Zukunft und sogar um die Zukunft. Lateinien ist für Stilblütenliebhaber immer eine Reise wert: "Tokio, Gastgeber 2020, musste vom IOC mehrfach ermahnt werden, weil die Kosten drohen, durch die Decke zu schießen und so die IOC-Reformbemühungen ad absurdem geführt werden." Wenn man ehrlich ist, klingt "ad absurdem" summa cum laude sogar lateinischer als "ad absurdum". "Danach würde sich Southgate im Falle einer Nachnominierung wohl keinen Gefallen tun, da er sich selbst ad absurdum führen würde." Es wäre doch absurdum, sich einer toten Sprache nicht zu bedienen, wie es einem paßt. "Auch bezüglich weiterer Personalien, etwa Yoshinori, Muto oder Alexander Hack, dürfte die Meinung zwischen den beiden sportlichen Köpfen in der ersten Hälfte der Rückrunde nicht immer unisono gewesen sein." Wer würde das bemängeln wollen? Das kann einer Meinung zwischen zwei sportlichen Köpfen schon mal passieren. "Der 58-jährige ist bis dato noch bis zum Ende der 2018er Spielzeit an die NFL gebunden." Heute hiero, morgen dorto, bin kaum dato, muß ich forto. Fast jeder kicker.de-Satz gewinnt an Schönheit, wenn man ihn aus dem Zusammenhang reißt: "Seither sind Schmeichel und Keane Feinde, keiner hat im Laufe der fast schon 20 Jahre versucht, das Tischtuch wieder zusammenzukleben." Ein Online-Medium sollte den Anspruch haben, interessanter zu sein als seine Kommentarspalten. Was Stilblüten betrifft, sieht sich kicker.de da natürlich einer harten Konkurrenz ausgesetzt: "Dabei spielt keine Rolle ob 3 oder 4 BL-Vereine das Rad der Zeit überstehen", schreibt ein Leser auf kicker.de. Da bin ich radlos! "Ich denke, dass gisdol nach dem desaster im letzten spiel zeder und mordio schrie." Tatsächlich mußten beim HSV inzwischen Knöpfe rollen. Bei so viel sprachlicher Innovationsleistung von Seiten der Leser will sich die Redaktion nicht lumpen lassen: "In Carlo Ancelotti spiegelten sich vor der Pokal-Begegnung gegen den VfL Wolfsburg am Dienstag einige Emotionen wider." Das liegt wahrscheinlich an den Spiegelneuronen. "Aguero, der langjährige Torjäger, der sich nach der Verpflichtung von Gabriel Jesus in der Winterpause plötzlich nur noch auf der Bank der Citizens wiederfand und schmorte." Als Argentinier hat er auf der Bank vielleicht sogar gegrillt. "Vor dem Anpfiff wurde den Opfern des Anschlags gedacht." Und nach dem Abpfiff denen der Grammatik! "… erklärt der 31-jährige, der aber auch weiß, was die Zeit geschlagen hat." Muß man solche harmlosen Schnitzel immer gleich an den großen Glockner hängen? "Er kam erst zur Halbzeit. Nun will er diese Scharte mithelfen auszumerzen." Hofft nicht jeder Literaturkritiker insgeheim, die eine oder andere Schwarte auszumerzen? Bei kicker.de wird die deutsche Sprache am offenen Herzen operiert, und die Spitze des Eisbergs ist noch lange nicht erreicht!
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...so lustig! Ach war das schön...morgen noch mal.