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Medien und Gesellschaft

Kitsch rettet den Buchmarkt

Jannis Brühl
Redakteur
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Jannis BrühlSonntag, 30.06.2024

Als Buchliebhaber trauert man ja immer ein bisschen um diesen Markt - und wundert sich gleichzeitig, dass  - in der Großstadt - dann doch recht viele Buchläden überleben und die Branche noch existiert. Einen Grund dafür leuchtet dieses Interview mit der Züricher Professorin für Populäre Literaturen Christine Lötscher aus, das meine SZ-Kollegin Kathleen Hildebrand geführt hat. Es geht um New Adult. Dieses Romanzen-Genre ist in großen Teilen kitschig und formelhaft, erzählt aber viel über seine Leserinnen (Leser hat es seltener). Und auch darüber, wie irrelevant Literaturkritik für sie ist:

"Sie lassen sich nicht sagen, was gute oder schlechte Literatur ist, sondern entdecken sie für sich selbst. Die Bücher sind da, um das Lesen zu zelebrieren und auch das Reden über die Bücher. Das ist die zweite Komponente dieser Lesekultur."

Zum New Adult-Rezept gehören Plot-Elemente beziehungsweise Figuren wie "Bad Boy", "Meet-Cute" und das hoch spannende "Enemies to lovers". Faszinierend finde ich gerade die Formelhaftigkeit des Genres, die mich an die ewig wiederholten, neu gemischten und gebrochenen Regeln des Horrorfilms erinnern. Und der gehört zurecht zum Kanon.

Elementar für diese Entwicklung sind ironischerweise Handys und soziale Medien - die ja eigentlich das Buch überflüssig machen sollten:

"Das Buch ist stark ins Zentrum der Populärkultur gerückt, vor allem in den sozialen Medien. Die Leserinnen – und auch Leser – haben entdeckt, dass Lesen ähnlich wie Meditieren ist: Man hat zugleich die totale Konzentration, aber ist auch weit weg, muss nicht über sich selbst und seine Probleme nachdenken."

Nicht dass ich jetzt Lust hätte, einen New-Adult-Roman zu lesen. Aber spannend, wie das Netz den Buchmarkt verändert, und wie ein weiterer einst elitärer Bereich demokratisiert wird.

(Ergänzend empfehle ich die unterhaltsame Folge des Feuilleton-Podcasts Die sogenannte Gegenwart über Dark Academia, das Elite-Uni-Subgenre des New Adult.)

Kitsch rettet den Buchmarkt
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Kommentare 1
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor 6 Monaten

    Hierzu gehört auch der Cozy-X-Trend, der auch auf TV übergeschwappt ist. Cozy-Crime, Cozy-Fantasy etc.
    Darunter gibt es durchaus "bessere" Vertreter. Leider aber auch ein ganzer Haufen Triviales. Das ist nun an sich nicht neu und auch nicht zu verteufeln.

    Und dennoch schade, weil es Kapazitäten für besseres anderes besetzt; wenn man dem o.g. Text, vorallem dem Titel folgt, stimmt das vielleicht aber gar nicht: dann würden diese Kapazitäten ansonsten gar nicht genutzt...

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