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*1966 in Karl-Marx-Stadt
Studium in Leipzig und Frankfurt am Main
Redakteur bei EDIT und Ostraghege
freier Autor
letzte Veröffentlichungen: Kaiseralbum (Verlagshaus Berlin), Das Modell (Edition Nautilus), Die Rückkehr der Tiere (Verlagshaus Berlin)
Am 15. März erscheint der Roman „Das Meer“ des katalanischen Autors Blai Bonet in der Übersetzung von Frank Henseleit im neu gegründeten Kupido Verlag. Ein Ereignis! Es ist nach Yablonskas Reiseberichten das zweite Buch aus diesem Verlag, das ich las. Und es haute mich, wenn auch auf ganz andere Weise, wie das erste aus den Latschen.
Ich musste meine Verwunderung erst einmal veratmen, von diesem Autor, also von Blai Bonet, der 1926 in Santany auf Mallorca geboren wurde und 1997 auch dort starb, noch niemals etwas gehört oder gelesen zu haben. Wie es scheint, ist „Das Meer“ auch die erste Übersetzung eines seiner Werke ins Deutsche.
Der Roman erschien 1958, also unter den Bedingungen der Francodiktatur. Zunächst in einer zensierten Fassung. In seinem Nachwort ordnet Xavier Pla das Werk in den politischen, historischen und künstlerischen Kontext ein. Künstlerisch weit über das rein Literarische hinausgehend und Zusammenhänge katalanischer Nachkriegsavantgarde, zum Beispiel auch der bildenden Kunst, etwa die Beziehung zu Antonio Tapies betreffend. Und das strapazierte Wort Vielstimmigkeit trifft auf diesen Roman definitiv zu.
Blai Bonet gibt an, dass „Das Meer“ eine schriftstellerische Reaktion auf die Lektüre des Mannschen Zauberbergs gewesen sei.
Naheliegend ist der Vergleich dahingehend, dass es sich jeweils um Schilderungen von in Sanatorien versammelten Tuberkulosekranken handelt, aber im Gensatz zu Manns eher luxuriösen Ambiente in den Alpen, zeigt die Bonetsche Variante vielmehr Insassen in einer Klinik, die einem Internierungslager in der Nähe der Brandung ähnelt. In beiden Romanen aber fängt sich die Gestalt einer Welt im Zerrspiegel des Sanatoriums. Dabei verschwimmen Konturen einerseits, gewinnen aber auch an Schärfe.
Beides ist vielleicht, also Hochgebirgsluft und Brandungszone, einem Lungenkranken zuträglich, aber die Krankheiten werden in ihren Auswirkungen eben auch durch sie soziale Lage und das religiöse und politische Umfeld beeinflusst. Zumal der Zeitpunkt der Romanhandlung Bonets am Anfang des Spanischen Bürgerkriegs liegt. Die Schatten des Krieges werden in Patrouillen der spanischen Guardia Civil, aber auch durch italienische Soldaten deutlich, die vom baldigen Eintreffen der faschistischen Truppen Francos künden. Unheil liegt in der Luft, die zu atmen den Lungenkranken ohnehin schwerfällt
Einmal begleiten wir einen Jungen mit zwei älteren Männern in eine Stadt, wo sie trinken und sparen. Die Tavernen da tragen Namen, die unter anderem an alpenländische Gegenden erinnern. Zum Beispiel heißt eine „Tirol“. Der Ausflug endet in einem Bordell. Erwachende Sexualität, jeglicher Romantik enthoben: zuweilen Homoerotik und Gottesfurcht.
In 32 Kapiteln, die als Titel die Namen der jeweiligen Protagonisten tragen, zeichnet Bonet ein kaleidoskopisches Bild einer erschütterten Inselgesellschaft. Und stilistisch schmiegt sich die Sprache in jedem Kapitel dem Charakter des Protagonisten und seiner Lage mimetisch an. Das ist vom Autor einzigartig gelöst und von Henseleit großartig übersetzt.
Sowohl das zwischenmenschliche als auch das meteorologische Klima werden dem Leser und der Leserin über die Sprache spürbar, sodass der Text ohne explizite Benennungen auskommt.
In einer Erschießungsszene, an die sich ein Klinikinsasse erinnert, erfährt man das Grauen des Bürgerkriegs, ohne dass die politische Positionierung der Delinquenten unmittelbar ersichtlich wird. Eindringlichst auch die Schilderung eines sterbenden Jungen, wenn Erinnerungen mit religiösen Gefühlen und Zuschreibungen sich überlagern.
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Yablonskas Reiseberichte habe ich sofort bestellt, gelesen und für gut befunden. das werde ich jetzt wieder machen. danke für die empfehlung.