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*1966 in Karl-Marx-Stadt
Studium in Leipzig und Frankfurt am Main
Redakteur bei EDIT und Ostraghege
freier Autor
letzte Veröffentlichungen: Kaiseralbum (Verlagshaus Berlin), Das Modell (Edition Nautilus), Die Rückkehr der Tiere (Verlagshaus Berlin)
Jedes Naturereignis, das über die Menschheit hereinbricht, bricht in eine soziale Struktur ein. In dieser selbst vielfach gebrochenen Struktur werden seine Auswirkungen abgelenkt, geschwächt, verstärkt und ungleich sozial verteilt. So ist es auch angesichts der Corona-Pandemie. Wenn ich könnte, würde ich mich auf meine Yacht zurückziehen und abwarten, bis der Spuk vorbei ist. Aber ich habe keine Yacht und ein längerer Verzicht auf soziale Kontakte ist mir aufgrund körperlicher Malaisen nicht möglich. Aber ich weiß auch, dass es Menschen gibt, denen es noch wesentlich schlechter geht als mir, die noch weniger geschützt sind.
Mary Shelley Wollstonecraft schreibt in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts einen Roman, der „Der letzte Mensch“ heißt, und der einiges von dem, was uns gerade zustößt, vorwegnimmt, neu und als Zeitreaktion erschienen im Reclam Verlag. Der Roman spielt in der Zukunft. Auch in unserer, denn er handelt in ungefähr 80 Jahren. Allerdings erinnert in dieser erzählten Zeit vieles an die Landschaften des 19. Jahrhunderts vor der restlosen industriellen Unterwerfung der Natur. Man bewegt sich in Pferdekutschen fort. Die Verheerungen des Verbrennungsmotors haben sich noch nicht in die Landschaften eingegraben. Und dennoch sind die Auswirkungen einer Krankheit bereits verheerend. Eine Globalisierung, scheint es, ist nicht auf Überschallflugzeuge angewiesen, und sie setzt ja auch schon weit vor der Industrialisierung ein. Die Kolonisatoren hatten immer, wo sie auch auftraten, Krankheiten im Gepäck, gegen die die Kolonisierten nicht gewappnet waren. Und in Zeiten einer globalisierten Welt treffen die Krankheiten alle, weil Kolonialisierung auch vor der inneren Natur nicht halt macht.
England übrigens hat sich in Schelleys Roman in eine parlamentarische Demokratie und eine Republik gewandelt, was der Mutter des nunmehr ehemaligen Thronfolgers nicht recht in den Kram passt. Sie versucht, zu intrigieren, ihr Sohn aber erweist sich als streitbarer Demokrat.
Vielleicht ist das der Grund, warum dieses Buch zu Zeiten der Veröffentlichung auch in seinem Herkunftsland wenig beachtet wurde. An Bekanntheit jedenfalls blieb es, nicht nur in UK, sondern auch hierzulande weit hinter ihrem weltbekannten Science-Fiction-Werk „Frankenstein“ zurück. In seinem Nachwort entwickelt Diethmar Dath die These, dass „Der letzte Mensch“ weit über die bürgerlich akzeptierten Moralvorstellungen, die „Frankenstein“ tragen, also über die Frage individueller Verantwortung hinausgeht, den individuellen zu einem gesellschaftlichen Kontext aufbricht:
„Die Machtfrage ist die moderne Frage schlechthin, die Frage nämlich, nach den modernen Produktionsverhältnissen: Warum wird die Arbeitszeit nicht sofort für alle weniger, wo Maschinen arbeiten, ja, wo sie sogar Maschinen bauen? Ist das so, weil die Maschinen nicht 'allen' gehören, sondern wirtschaftlich Mächtigen; diese bestimmen über ihren Einsatz, der ihnen etwas bringen muss, nicht 'dem Menschen', sondern Profit, nicht Muße.“
Dath schließt also hier Shellys Roman mit einer Grundthese von Marx kurz. Beides ist letztlich parallel entstanden zur Hochzeit des Manchester-Kapitalismus, und beides ist in seinem Gehalt auch durch die Transformation der Produktionsweise zum modernen globalisierten Kapitalismus nicht hinfällig geworden, oder gar widerlegt.
Angesichts der Pandemie und der Klimaerwärmung scheint sich zu bestätigen, was Shelley letztlich prophezeit. Entweder die Menschheit überwindet diese Art des Wirtschaftens oder sie führt damit ihr eigenes Ende herbei. Mary Shelley hat vor diesen Roman ein Motto John Miltons gesetzt, eines anderen prophetischen Dichters:
Lass nicht den Menschen im Voraus erfahren/ Was ihn und seine Kinder einst bedrohen soll.
Dem Inhalt dieser Verse widersetzt sich Mary Shelley natürlich.
Übersetzt und mit Anmerkungen versehen hat das Buch Irina Philippi. Das informative Nachwort stammt von Rebekka Rohleder. Darin lässt sie der Autorin Gerechtigkeit widerfahren, indem sie sie aus dem Schatten ihres berühmten Erstlingswerks löst, aber auch aus dem Schatten ihres Mannes, und vielmehr auf die fördernde und fordernde Herkunft eingeht, denn ihre Mutter war feministische Aktivistin und ihr Vater ein anarchistischer Philosoph. Und sie selbst war Zeit ihres Lebens literarisch und politisch aktiv.
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