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*1966 in Karl-Marx-Stadt
Studium in Leipzig und Frankfurt am Main
Redakteur bei EDIT und Ostraghege
freier Autor
letzte Veröffentlichungen: Kaiseralbum (Verlagshaus Berlin), Das Modell (Edition Nautilus), Die Rückkehr der Tiere (Verlagshaus Berlin)
In Zeiten der Pandemie stünden vielleicht die dicken, die zeitschenkenden Bücher an. Die also, die uns helfen, die Wartezeit auf eine Normalisierung des Lebens zu überbrücken. Ausgreifende Romane, die uns in eine andere Welt entführen, bis die unsrige wieder mit aller Macht über uns hereinbricht, die Kunde von Kriegen und Hungersnöten unter dem Gespräch über Corona wieder vernehmbar wird. Gerade aber erstirbt das Leben auf unseren Straßen, wir kommen zum Stillstand.
Nun bin ich ein Leser, der sich in raumgreifendn Handlungsverläufen eher verheddert und dicke Romane gerne mal halb gelesen beiseite legt. Nicht, weil sie mir nicht gefielen. Vielleicht bin ich dafür zu unstet, ein Taugenichts, und auch in Zeiten wie dieser greife ich doch immer wieder zu mittleren und kleinen Formen. Das Notat, die Novelle, der Essay sind mir bei aller Epidemie noch näher, und vielleicht geht der eingangs formulierte Gedanke auch in die Irre, und gerade diese eher kleinen Formen sind der Zeit gemäßer, weil sie dem Gedanken des oder der Lesenden Raum verschaffen, sich zu bewegen, wenn der Körper schon in der Quarantäne verharren muss.
Gerade jedenfalls las ich ein kleines Buch von 100 Seiten, das in der schönen Edition Taberna Kritika erschienen ist. Es wurde von Norbert W. Schlinkert geschrieben und trägt den Titel Tauge/Nichts.
Natürlich verfalle ich angesichts dieses Titels sofort auf Eichendorffs Text, und erinnere mich an den zyklisch wiederkehrenden Gedanken, dass ich das Buch mal wieder herauskramen sollte, um meine Vorstellungen von ihm zu überprüfen, die dahingehend sich theoretisierten, dass ich ihn sowohl als Reflex auf die beginnende Industrialisierung im 19. Jahrhundert in Erinnerung habe, als auch als melancholische Kritik an der an Fahrt gewinnenden Ausbreitung des Kapitalismus, nicht frei von Konservativismen freilich. Ich stelle mir Eichendorff immer als trotzigen Spaziergänger neben einer neuen Eisenbahnstrecke vor.
Schlinkert geht der Figur des Taugenichts zunächst in erzählender Prosa nach, in dem er einen Protagonisten entwirft, der zwar dem späten Industriezeitalter entspringt, einer Zeit allerdings, als das Proletariat schon ins Kleinbürgerliche abgeglitten oder, je nach dem, wie man es zu sehen gewohnt ist, aufgestiegen war, einer aber, der sich letztlich im postindustriellen Zeitalter bewegt. Dieser Erzähler und Eichendorffs Taugenichts umzingeln gewissermaßen zeitlich den industriellen Kapitalismus.
Im flankierenden Essay jedoch gibt sich Schlinkert mitten hinein und sucht nach literarischen Figuren, die die Taugenichtigkeit des Taugenichts in einer Zeit industrieller Fertigung zielsicher repräsentieren, und findet sie zum Beispiel in Kafkas Gregor Samsa, der, nach seiner Verwandlung in ein Ungeziefer neben seiner Gestalt und seinem Arbeitsvermögen natürlich auch die Lebensfreude des Eichendorffschen Helden eingebüßt hat. Einzig die Naivität scheint geblieben. Im Gegensatz zum Eichendorffschen Taugenichts endet Samsa allerdings tragisch, denn er kann sich nicht hinter der „Dummheit als Fassade“ verstecken, wie Martin A. Volker es im Nachwort dem Taugenichts zugesteht.
Schlinkert bewegt sich also mäandernd durch die Literaturgeschichte, in einer Art, die dem Effizienzwahnsinn das Flanierende entgegensetzt.
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