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Spenden oder nicht spenden - das ist hier die Frage

Gabriele Feile
Ich selbst. Botschafterin & Brückenbauerin.

...die mit dem Schmetterling.
Meine Intention: Ziemlich weite Blickwinkel beisteuern, meistens aus der Luft.
Meine Mission: Brücken bauen zur #Schmetterlingsfrequenz
https://schmetterlingsfrequenz.eu/
Mein Buch: https://gabrielefeile.de/buch/

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Gabriele FeileDonnerstag, 09.09.2021


Vor kurzem wurden wir Deutschen dazu aufgefordert, Geld zu spenden für die Menschen, die bei den verheerenden Fluten in Westdeutschland im Juli 2021 ihr Hab und Gut verloren (und manche auch ihre Angehörigen). Viel Geld ist nötig, um den Menschen zu einem Neustart zu verhelfen. Solche Aufrufe sind wir seit langem gewohnt, und bei den routinierten Fernsehsendungen, die solchen Katastrophen oft folgen, kommen in Windeseile ziemlich hohe Beträge zusammen.

Was noch nicht so lange bekannt ist, ist die Tatsache, dass wir nicht nur bei Naturkatastrophen wie aktuell dem Erdbeben in Haiti oder bei anhaltenden Nöten in Ländern auf dem afrikanischen Kontinent zum Spenden aufgerufen werden. Nein, in den letzten Jahren kann man buchstäblich für „Hinz und Kuntz“ ein paar Euros oder mehr locker machen, wenn man ihre Mission oder ihre Arbeit unterstützen will.


Schon 2019 drängte sich mir dieses Thema auf, doch es brauchte noch eine Pandemie und ein paar Monate eigene Erfahrung mit einem Spenden-Button, um daraus endlich einen Text zu machen, der meiner Perspektive entspricht.

Ich habe mich in den letzten Jahren zunehmend darüber gewundert, wie oft ich zum Spenden aufgefordert wurde - auf den unterschiedlichsten Plattformen. Plötzlich schienen überall "Klingelbeutel" aufzutauchen, in die Menschen Geld werfen konnten: sowohl physisch bei Treffen als auch virtuell bei der Nutzung diverser Internetseiten.

Mehr oder weniger regelmäßig habe ich gespendet, für journalistische Artikel bezahlt oder ein Abo abgeschlossen (wie hier bei piqd.de). Doch das nagende Gefühl und die Frage, was das eigentlich alles soll, wurde ich nicht los.

Wie es meine Art ist, habe ich also das Thema mit Abstand betrachtet und dazu eigene Erfahrungen, die Geschichte "piqd goes paywall" samt Erfahrungsbericht der piqd-Geschäftsführung und ein paar historische Enwicklungen berücksichtigt.

Und mir sind viele Fragen eingefallen, auf die hier auf piqd vielleicht manch Eine:r eine Antwort hat. Zum Beispiel diese:


Wenn wir, die wir geistige oder soziale Arbeit tun, für unsere Arbeit Spenden sammeln müssen, welche Art von Arbeit tun wir denn dann wirklich?

Kann ein Wirtschaftssystem, das Arbeit ungleich bewertet und entlohnt, ein sozial gerechtes System sein?

Woher nehmen wir uns das Recht, Arbeit mit, an und für Menschen niedriger zu bewerten, als Arbeit mit, an und für Maschinen?

Woher kommt die Gier wirklich, die reiche Menschen dazu treibt, auf Kosten anderer Menschen und der Natur noch reicher werden zu wollen?

Wie kann es sein, dass Menschen für elektronische Geräte, die in China hergestellt werden, unter nicht unbedingt menschenwürdigen Bedingungen, gerne vierstellige Summen ausgeben, aber für geistige Arbeit nicht bereit sind 1 Euro zu bezahlen?

Warum werden Jobs bei Waffenproduzenten großzügig entlohnt, während Menschen, die in der Pflege arbeiten kaum von ihrem Lohn leben können und sich über den Applaus der Öffentlichkeit folglich nur wenig freuen?



Hinweis: Ich piqe meinen eigenen Text aus mehreren Gründen:

Erstens: Mir liegt das Thema am Herzen.

Zweitens: Ich wurde u.a. durch piqd, die Kuratierenden und die Community dazu inspiriert (piqd kommt auch darin vor)

Drittens: Auch einige hier entdeckte piqs und Informationen sind eingeflossen.

Spenden oder nicht spenden - das ist hier die Frage

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Kommentare 4
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor 3 Jahren · bearbeitet vor 3 Jahren

    Ja zum Text ja zum Kommentator.
    Allerdings assoziierte ich anfangs anders anderes: wieso müssen wir für etwas spenden, was eindeutig gesellschaftlich-staatliche Aufgabe ist?
    wieso braucht es NGO wie das DRK oder die AWO etc., die sich um die flutopfer kümmern?
    wieso nehmen wir es hin, dass Menschen in der Grund-SICHERUNG und mit kleinen Renten o.ä. von einem VEREIN Die Tafel Essen bekommen (müssen)??
    klar gut dass es diese Organisationen gibt und Ehrenamtliche etc.

    Aber wieso in diesen Bereichen???

    1. Gabriele Feile
      Gabriele Feile · vor 3 Jahren

      Danke für deinen Kommentar. Ich bin bei dir: Es ist sehr traurig, dass ein reiches Land wie Deutschland überhaupt solche "Einrichtungen" wie Die Tafeln brauchen. So sehr ich die Arbeit all der Ehrenamtlichen an diesen und anderen Orten schätze. Mit ihrer Arbeit gehören sie auch zu den Spendenden, und oft sind sie selbst nicht sehr viel mehr "wohlhabend" als die Menschen in Not.
      Beim Thema Flut erinnere ich mich daran, dass von politischer Seite der Ruf nach Pflichtversicherungen aufkam. Das scheint ein Automatismus zu sein: Materie muss versichert sein, denn mit Geld lässt sich alles "richten". Auch hier wird mit Angst Geld verdient.

  2. Marcus von Jordan
    Marcus von Jordan · vor 3 Jahren

    ...ist für mich unsicheres Terrain sozusagen und alle Gedanken sind mit offenen Enden...

    Danke für die Erwähnung und Beleuchtung der Abläufe bei piqd.

    Auf deine Fragen gibt es vielleicht keine einfache Antwort oder vielleicht eben gar nicht eine Antwort.

    Vieles lässt sich aber doch auf ein Phänomen zurückführen aus meiner Sicht. Nämlich auf den dem Kapitalismus innewohnenden Zwang zum quantitativen Wachstum. Ich glaube das ist das zentrale Nervengift in unserem gesellschaftlichen Grundwasser. Alles muss wachsen um gut zu sein. Das hat sich in Jahrzehnten längst von der unternehmerischen oder volkswirtschaftlichen Ebene hineingebrannt in das individuelle Wahrnehmen.
    „Im Großen“ fangen wir gerade an zu verstehen, dass auf einer begrenzten Erde ewiges quantitatives Wachstum nicht funktioniert. Der eindrücklichste Beleg dafür scheint mir fast zu sein, wie die Reichsten nun versuchen, neue Wachstumsräume außerhalb unserer Erde zu realisieren. Das ist recht offensichtlich pervertiert, aber entspricht eben genau der kindlichen Logik des Kapitalismus. “Im Kleinen“, also im Privaten, im Menschlichen bedeutet dieser Zwang nicht nur den totalen Verlust der Bescheidenheit, sondern auch den Verlust der Möglichkeit zur Ruhe zur kommen oder im Moment zu leben.

    Ich glaube das verstanden zu haben und trotzdem fällt es mir schwer, mich freizumachen. Nicht mehr mehr zu wollen. Nicht mehr dem verfluchten „pursue of happiness“ nachzujagen, also dem in der amerikanischen Verfassung verbrieften „Recht“ auf ein Streben nach Glück, sondern einfach glücklich zu sein.

    Der „Shift“ zum qualitativen Wachstum (ich glaube übrigens, das kann ruhig in einem kapitalistischen System passieren) ist vielleicht das „letzte Gefecht“ für uns Menschen. Wir müssen das schaffen, um zu überleben. Wir müssen das kollektive, politische Selbstbewusstsein entwickeln, um zu entscheiden, was Mehrwert ist und wie wir verteilen, so dass wir insgesamt besser werden. Und jeder einzelne muss lernen, dass es nicht um Verzicht, sondern um Befreiung geht. Das es ok ist zufrieden zu sein und nicht etwa obszön, nicht mehr zu wollen.

    Über letzteres reden wir viel zu wenig. Und so gelingt es den Beharrern in der Politik immer weiter die Angst vor der Veränderung zu schüren und antiliberale, sozialistische Gespenster durch die Köpfe der Menschen zu jagen.

    1. Gabriele Feile
      Gabriele Feile · vor 3 Jahren

      Hallo Marcus,

      ich führe unseren Austausch gerne hier fort, dann haben andere vielleicht auch was davon.

      Das Feld ist sehr weit, das stimmt. Und das könnte auch ein Grund dafür sei, warum es Einzelnen oft schwer fällt, die eigene Relevanz in diesem großen Spiel zu erkennen.

      Die Frage, die mir dabei immer hilft, ist: Was passiert, wenn 1000 andere das tun, was ich tue?

      Ich vergleiche das Leben am liebsten mit der Metamorphose eines Schmetterlings (kommt auch in meinem bald fertigen Buch vor): Die Raupe hat den Zweck zu wachsen, indem sie unaufhörlich frisst. Sie häutet sich mehrfach und irgendwann wird aus der letzten Haut ein Kokon. Verpuppt hängt sie still, unbeweglich und von der Außenwelt abgeschirmt an einem gut getarnten Platz.

      Hier findet die Magie statt: Hormone sorgen dafür, dass aus den Raupenkörperteilen all das entsteht, was einen Schmetterling ausmacht, und alles andere abstirbt. Und dann geht die Sollbruchstelle auf: Der Schmetterling schlüpft, breitet die Flügel aus und lässt sie trocknen. Er fliegt und vergisst all das, was ihn als Raupe oder Puppe ausgemacht hat.

      Die Phase, in der die meisten Menschen sich befinden, ist die Raupenphase. Menschen wachsen ohne Probleme im Außen weiter und denken nicht daran, in den Kokon zu gehen. Manchmal „helfen“ Katastrophen, doch auch das scheint viele Menschen nicht genug zu schockieren. Die Angst regiert - das ist der Knackpunkt.

      Doch da auch MIT der Angst regiert wird, wie du ja auch so schön schreibst, ist ein „Entkommen“ für viele schwierig.

      Weise Menschen sagen: Nur wenn wir Frieden in uns selbst erreicht haben, können wir äußeren Frieden schaffen.

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