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Neue Bewegung im Nahostkonflikt?

Gabriel Koraus

•Ausbildung als Sinologe und Religionswissenschaftler
•Arbeit in der Outdoorbranche mit Fokus auf soziale Nachhaltigkeit und ökologische Verantwortung in globalen Lieferketten

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Gabriel KorausMontag, 17.08.2020

Die sich im Nahen Osten und Nordafrika herausgebildeten Bündniskonstellationen zeichnen sich bekanntlich durch hohe Volatilität aus und besitzen enormes Eskalationspotential. Jüngstes Beispiel ist die Verschärfung des Konfliktes zwischen der Türkei und Ägypten, in welchem sich der Dissenz über die Entwicklung in Libyen vor die türkische Grenze zu Syrien zu verlagern droht (https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2020/08/turkey-egypt-libya-conflict-moves-closer-turkish-borders.html)

Aber kommt es mitunter vielleicht  auch zu gleichsam konstruktiven Effekten? Die seit einigen Jahren andauernde Konfrontation zwischen Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten auf der einen, dem Iran, Quatar und - nicht mehr ganz so indirekt wie noch zu Beginn - der Türkei auf der anderen Seite, besitzt zumindest das Potenzial, die Machtverhältnisse auf der arabischen Halbinsel ordentlich durcheinander zu würfeln. 

Deutlich wurde dies in der Vergangenheit bereits etwa durch die Aufnahme, wenn auch nicht offizieller, politischer Gespräche  zwischen Israel und Saudi-Arabien sowie der Verschiebung der Einflusssphären in Palestina (wo Quatar und die Türkei ernst zu nehmende Kontakte mit der Hamas initiierte). 

Die nunmehr verkündete Aufnahme offizieller diplomatischer Beziehungen zwischen den VAE und Isreal könnte, laut einigen Kommentatoren, völlig neue Allianzen generieren und auf diese Weise für eine nachhaltige Verschiebung der Kräfteverhältnisse sorgen. 

Inwiefern daraus nun eine Entwicklung hin zur friedlichen Koexistenz der Länder in dieser Region abzuleiten ist, das sei an dieser Stelle der Naivität des Betrachters/der Betrachterin  überlassen. Einen echten Verhandlungsdurchbruch im sg. Nahostkonflikt zwischen Isreal und Palästina dürfte sich jedoch  niemand mit einem Funken Realismus im Hirn erhofft haben.

Vielmehr ist es wahrscheinlich, dass sich eine neue politisch motivierte Allianz zwischen der Phalanx um Saudi-Arabien und den VAE mit Israel verwirklicht. Alles unter freundlicher Mitwirkung der USA, die darin ein mögliches Korrektiv der Kräfteverhältnisse in der Region sieht, welche Dank Trump'scher Vernachlässigung in den letzten Jahren bedenklich in Richtung der Achse Russland-Iran-(Türkei) pendelten. 

Mit solch einer israelisch-arabisch-amerikanischen Zweckpartnerschaft würden geostrategisch neue Fakten geschaffen, das leidvolle Schicksal der Palästinenser gerät so zu einer realpolitisch unbedeutenden Fußnote. 

Nun ist selbstverständlich alles viel komplizierter. Die Türkei besitzt nach wie vor intensive Beziehungen und Abhängigkeiten, sowohl militärisch als auch wirtschaftlich, zu den USA. Ähnliches lässt sich in abgeschwächter Form über das Verhältnis zwischen Russland und Israel konstatieren. Zwischen Russland, der Türkei und dem Iran wiederum gibt es genügend Dissonanzen. Die Verwicklungen in Syrien und Libyen sowie die Öl- und Gasvorkommen im Mittelmeer machen es nicht gerade überschaubarer und involvieren zusätzliche externe Akteure, allen voran Ägypten, Griechenland und Frankreich. Nicht vergessen werden darf natürlich auch China, das Land der Mitte hat mittlerweile global den vielleicht heftigsten Einfluß, auch wenn sich dies weniger in politischen Allianzen als in wirtschaftlich motivierten Übereinkünften realisiert. Die Länder des arabischen Halbmonds spielen in diesem Kontext sowohl als Absatzmärkte, als auch als wichtige Schlüsselstelle für Transportwege und Warenströme aus Fernost eine wichtige Rolle.

Warum dieser Exkurs? Und warum der gepiqte Artikel? Weil es sich gerade aufgrund der unübersichtlichen Konstellationen und Interdependenzen lohnt, genauer hinzuschauen und diskretere Prognosen anzustellen.

Nicht unterschätzt werden sollte beispielsweise, dass mit den VAE ein dezidiert potenter und eigenständiger Akteur partzipiert, der durchaus seiner eigene Agenda folgt und nicht zuletzt dank einer extrem modernen und schlagkräftigen Luftwaffe sowie einer äußerst distinguierten Verhandlungsfähigkeit auf vielen regionalen Schlachtfeldern deutlich effektiver agiert, als Saudi Arabien oder der Iran.

Und wer weiß, vielleicht erzeugen solche nutzengeleitete Allianzen auch derart lukrative Auswirkungen und Synergien, dass in bisher starre und ideologisch manifestierte Konflikte neue Bewegung kommt.  

Vielleicht führt es auch ins Deaster.

Die Bandbreite an unintendierten Konsequenzen ist jedenfalls um ein vielfaches größer, als dass man aus solchen Ereignissen eindeutig determinierbare Rückschlüsse ziehen könnte


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