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Medien und Gesellschaft

Der Digitalchef der SZ rechnet mit 2016 ab

Frederik Fischer
Mitgründer KoDorf / Summer of Pioneers - Neues Leben und Arbeiten auf dem Land
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Frederik FischerDienstag, 03.01.2017

Stefan Plöchinger leitet nicht nur das Digitalressort der Süddeutschen Zeitung, er fällt auch seit Jahren zuverlässig positiv als Netzvor- und Nachdenker auf. Wenn er also seine Abrechnung mit 2016 und dem digitalen Journalismus ins Netz stellt, ist Pflichtlektürezeit. Und Zeit braucht man viel für die knapp 30.000 Zeichen. Hier daher die Zusammenfassung der fünf Vorsätze:


1. Begrabt die Netz-Romantik!

Facebook trägt alleine qua Bedeutung für die Öffentlichkeit eine enorme Verantwortung. Das Unternehmen versucht sich aber schon seit, ähm, immer, konsequent aus den Zwängen dieser Verantwortung zu befreien. Dies muss man Facebook ebenso vorwerfen wie einer überwiegend desaströsen deutschen Netzpolitik. 


2. Kreativ werden gegen die Populisten-Mechanik

Es ist leicht zu verstehen, wie man heutzutage Reichweite produziert. Empörung, Emotion, Überspitzung, Reizthemen wie Flüchtlinge - zack, feddich sind Inhalte, die Reaktionen und damit Reichweite garantieren. Auch Journalisten nutzen diese Tricks für sich. Plöchinger fordert, dem Gekreische mit Transparenz und Nüchternheit zu antworten. 


3. Keine Angst vor dem Publikum!

Die Angst boomt und ergreift auch Journalisten. Dadurch kaprizieren sich viele zu sehr auf Angstleser. So wird diese Minderheit medial überhöht.


4. Entwickelt neue Formate!

Lob für Erklärvideos, das Glashaus-Projekt der KollegInnen von Zeit Online und dem Video des Tagesschau-Chefs, der darlegt, warum über bestimmte Themen nicht berichtet wird. "Wir müssen uns und die Welt besser erklären."


5. Lernt das Digitale verstehen!

Große Teile des Publikum haben dem tradierten Mediensystem die Vertrauensfrage gestellt und die Antwort kostet: Viel. Zeit, Arbeit, Geld. 

Leider hört das Essay genau da auf, wo es spannend wird. Woher das Geld kommen soll, für diesen aufwändig recherchierten Journalismus, der sich noch nie auf dem freien Markt gerechnet hat, ist die alles entscheidende Frage. Sie ist unbequem und verdient gerade deshalb mehr als einen Cliffhanger. 



Der Digitalchef der SZ rechnet mit 2016 ab

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Kommentare 2
  1. Karsten Lemm
    Karsten Lemm · vor fast 8 Jahre

    Danke für den Hinweis auf diesen wirklich lesenswerten Text. Aber du hast Recht: Vieles von dem, was Stefan Plöchinger hier in leidenschaftlichen Worten fordert, setzt voraus, dass Verlage nicht länger vorrangig mit Krisenmanagement beschäftigt sind.

    „Als Journalisten sollten wir mehr über die Veränderungen in der digitalisierten Gesellschaft nachdenken als über Veränderungen unserer Geschäftsmodelle“, schreibt Plöchinger. Eigentlich wahr – nur: Solange die Einnahmen wegbrechen, werden Budgets gekürzt, und Journalisten (wie mir) fehlen häufig die Ressourcen, um in der nötigen Tiefe und Breite über die gesellschaftlichen Folgen des Digitalwandels zu berichten.

    Natürlich geht uns Vertrauen verloren, wenn wir vornehmlich Klicks und Page-Views hinterher hetzen müssen, weil die entscheidende Währung nicht Qualität, sondern Popularität ist. „Jeder Text braucht Tiefe, Perspektive, Kontext, um nicht als 08/15-Ware zu gelten“, schreibt Plöchinger. Auch wahr, keine Frage. Aber wenn Reporter (wieder) die Zeit und die Mittel haben sollen, um so zu berichten, müssen zuerst die Bilanzen der Verlage wieder stimmen – oder wir brauchen mehr stiftungsfinanzierten Journalismus.

    1. Frederik Fischer
      Frederik Fischer · vor fast 8 Jahre

      Ich möchte nicht ausschließen, dass große Marken wie die SZ und Zeit tatsächlich vorübergehend ein gutes Geschäft machen können mit dieser Art von Journalismus. Der Bedarf nach ausgeruhter Berichterstattung ist durch die Dauer-Kakophonie im letzten Jahr sicher gewachsen. New York Times und Washington Post erleben nach Trump auch ein Rekord-Wachstum. Perspektivisch sehe ich aber für alle Publikumstitel schwarz, deren Geschäftsmodell von Werbung abhängt, denn Facebook und Google können Werbung einfach besser und billiger. Lass dann noch eine Wirtschaftskrise die Werbebudgets zusammenstreichen und das Zeitungssterben geht richtig los. Mann kann es vielleicht wirklich so drastisch zusammenfassen: Unsere Medienpluralität ist eine Wirtschaftskrise von ihrem Ende entfernt.

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