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Volk und Wirtschaft

Wie funktioniert die Mehrwertsteuersenkung wirtschaftspolitisch?

Frank Lübberding
Journalist und Autor
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Frank LübberdingFreitag, 05.06.2020

Der Bundesregierung ist am vergangenen Mittwoch mit der temporären Senkung der Mehrwertsteuersätze eine echte Überraschung gelungen. Das hatte niemand erwartet; wahrscheinlich noch nicht einmal diejenigen, die das schon vorher für eine gute Idee gehalten haben. Die interessante Frage ist, welche Wirkungen diese Steuersenkung auslösen wird. Die Bundesregierung verbindet damit vor allem ein Ziel: Die reduzierten Preise sollen die aus der Pandemie resultierenden pessimistischen Zukunftserwartungen der Konsumenten verändern. Dabei geht es keineswegs um die von einigen Einzelhändlern aus dem Segment der Grundversorgung angekündigte Weitergabe der Umsatzsteuerreduzierung an die Kunden. Der Effekt hält sich etwa bei einer Dose mit Erbsen und Möhren in überschaubaren Grenzen. Selbst wenn alle Unternehmen in der Grundversorgung die um zwei Prozentpunkte reduzierte Mehrwertsteuer weitergeben sollten, brächte das kaum messbare Impulse für die volkswirtschaftliche Gesamtleistung. In bei der Preisgestaltung hoch volatilen Warengruppen, wie dem Benzinpreis, wird der Kunde noch nicht einmal beurteilen können, ob die Mehrwertsteuerreduzierung gerade weitergegeben wird, oder nicht. Das kann sich schließlich fünfmal am Tag ändern, weil der Mehrwertsteuersatz für die Preisfindung schlicht keine Rolle spielt. Diese Unsicherheit über die Folgen kommt in dem Artikel gut zum Ausdruck. Es werde "zum Teil" darauf hinauslaufen, dass die Mehrwertsteuer an die Kunden weitergegeben werde, so zitiert Kristina Gnirke einen Experten. Das hört sich wie ein Witz an, ist auch einer, beschreibt aber immerhin eine grundlegende Erkenntnis: Preisschwankungen gehören zum täglich Brot in Marktwirtschaften. Anbieter wollen möglichst hohe Preise durchsetzen, die Kunden aber nur wenig bezahlen. Außer dort, wo hohe Preise eine Möglichkeit zum "demonstrativen Konsum" sind. Preiserhöhungen durchzusetzen, ist deshalb die schwierigste Übung für Unternehmen unter der Voraussetzung namens Konkurrenz. Wenn der Staat aber für alle Unternehmen die Rahmenbedingungen durch eine temporäre Mehrwertsteuersenkung ändert, bietet sich ihnen ein zusätzlicher Gestaltungsspielraum. Den werden sie nutzen: Manche um die Ertragslage zu verbessern, andere um Marktanteile zu gewinnen. Das nur als Beispiele. Wirtschaftspolitisch werden sich aber die größten Effekte zeigen, wenn die Kunden für die Zeit nach dem Auslaufen der Mehrwertsteuersenkung wieder steigende Preise erwarten. Dann werden sie ihre Konsumentscheidungen entsprechend vorziehen, so dass diese temporäre Mehrwertsteuersenkung auch messbare Effekte haben kann. Ansonsten säßen wir nämlich in einer deflationären Falle fest, die die Krise noch vertiefte. Für Ökonomen ist dieser Großversuch allerdings ein wissenschaftlicher Leckerbissen, egal wie er ausgeht. 

Wie funktioniert die Mehrwertsteuersenkung wirtschaftspolitisch?

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