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Literatur

Allumfassenheit der Zensur

Florian Kohrt
Digital Native </ironie>

Mit einem Fuß im Neuland aufgewachsen.

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Florian KohrtDonnerstag, 05.01.2017

Für den "Parthenon der Bücher", einem Projekt der Künstlerin Marta Minujín, das 100.000 verbotene Bücher vereinen soll, hat die Literaturwissenschaftlerin Nikola Roßbach von der Uni Kassel eine Liste der weltweiten Zensur von Büchern erstellt. Anhand dieser werden dann Bücher, die im Rahmen einer Sammelaktion eingesandt werden, geprüft, ob sie zensiert waren. In diesem Interview spricht sie über Erkenntnisse ihrer Arbeit und Buchverbote im Allgemeinen.

Die wichtigsten Punkte:

  • Größte Überraschung: Wie viel auch in den USA verboten wurde und wird, primär aus pietistisch-sittlichen Gründen, so z. B. "Huckleberry Finn" oder "Harry Potter".
  • Auf drei Aspekte lässt sich Buchzensur zurückführen: politische, religiöse und sittlich-moralische Gründe. Zu letzteren gehören auch die geschlechterpolitischen Gründe, die in einigen afrikanischen Staaten eine Rolle spielen.
  • Die Liste kann nicht dokumentieren, wenn ein Werk gleich "in der Schublade bleibt oder direkt vor dem Druckprozess [...] verschwindet".
  • Als größten Erkenntnis-Effekt benennt Roßbach die "Allumfassenheit der Zensur", der man in unserer Gesellschaft "nicht täglich begegnet", die sich global aber bemerkbar macht.

Die Liste findet sich hier, mehr zum Kunstwerk, das auf der "documenta 14" gezeigt wird, steht hier.

Beschrieben werden in dem Verzeichnis neben dem Titel des Werkes der Vor- und Nachname des Autors, soweit er bekannt ist, der Ort und das Datum des Verbotes, sowie die Quelle der Information. Wie praktisch die Liste mit ihren 3155 PDF-Seiten für den interessierten Schmökerer ist, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Auch ist mir nicht ganz klar, inwiefern bestrebt wurde, sie von Dopplungen zu befreien, da "Josefine Mutzenbacher" beispielsweise zweifach verzeichnet ist (S. 48 und S. 1110). Schön wäre es zuletzt, wenn der Grund für die Zensur mit  angegeben würde; der aktuelle Zustand macht eine Erschließung nach bestimmten Gesichtspunkten im Grunde unmöglich. So ähnelt sie eher der Library of Babel, in der das Wissen und die Kunst wie beim unendlich lange tippenden Affen in der schieren Masse der Zeichen untergeht. Lediglich die Prüfung, ob ein bestimmtes Werk zensiert wurde, ist gut durchführbar. Und dafür wurde sie schließlich auch entworfen.

[Nachtrag]: Hier findet man den Blog zur Literaturliste, die seit ihrem Erscheinen immer wieder aktualisiert wurde; außerdem gibt es eine Kurzliste besonders bekannter, v.a. deutschsprachiger Titel.

Allumfassenheit der Zensur

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