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Medien und Gesellschaft

Medienkompetenz muss man sich erdaddeln

Felix Schwenzel
Internetadept

Ich schreibe seit 1995 gern ins Internet.

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Felix SchwenzelDonnerstag, 28.11.2019

Patricia Cammarata (@dasnuf) beschäftigt sich seit vielen Jahren damit, das Internet leerzulesen und vollzuschreiben und seit einer Weile auch mit der Frage, wie man anderen Menschen den Umgang mit dem Internet vermitteln kann. Offiziell spezialisiert sie sich in ihrem Blog auf Vermittlung von Medienkompetenz an Kinder und Jugendliche und hat dazu auch gerade ein Buch geschrieben das Manfred Spitzer hassen wird und das im März erscheinen wird.

Aber natürlich geht es bei der Vermittlung von Medienkompetenz nicht nur um Kinder, sondern mindestens genauso viel um die Eltern. Die betonen in ihrer Wahrnehmung oft die negativen Aspekte des Netzes und erkennen oft gar nicht, was sie ihren Kindern beispielsweise durch all zu strenge Medienzeitbegrenzung nehmen:

Es gibt eine Menge positiver Effekte, die Medienzeitbegrezungen verhindern. Hier einige Beispiele:
  • Emergentes Lernen
  • Aufwand für Digitalisierung
  • Selbst- und Zeitmanagement
  • Anschluss an die Peergroup
Gerade der Aspekt des „emergenten Lernens“ hat mir beim Lesen der hier gepiqten gekürzten Version ihres Vortrags „Bitte nur noch 5 Minuten – warum Medienzeitbegrenzungen unseren Kindern die Zukunft rauben“ ein argumentatives Aha-Erlebnis verschafft. Zielloses umhersurfen ist ja keineswegs ein wirklich neues Phänomen: früher™ „surfte“ man halt schwachsinnige Fernsehkanäle, Radiosender, Comics oder Bücher ab. Zielloses umherstreifen, Nichtstun oder sich berieseln lassen — oder eben surfen — sind ein sträflich unterschätztes Mittel, um spontan und ungeplant, quasi nebenbei zu lernen. Menschen lernen unentwegt und prägen und festigen ihr Weltbild auch durch vermeintliche Trivialitäten. Sicher in der Welt zu navigieren, Gefahren zu vermeiden, die Welt zu verstehen, funktioniert nur, wenn man sie erkundet. Nimmt man Kindern (oder Erwachsenen) die Möglichkeit (oder schränkt sie zu stark ein) Räume auch selbst, eigenhändig zu navigieren, leidet die Fähigkeit, sich in diesen Räumen zurechtzufinden.

An dieser Stelle wird dann oft auf den Unterschied zwischen der echten Welt, taktilen Räumen und den angeblich nicht echten, virtuellen, projizierten Räumen hingewiesen. Diese (falsche) Dichotomie lässt mich schon seit Jahren daran zweifeln, ob die Menschheit noch alle Sinne beieinander hat. Natürlich ermöglichen auch virtuelle oder abstrahierte Räume echte Beziehungen, positive wie negative Einflüsse und Anschluss an eine Blase oder Peergroups. Den Umgang mit Menschen zu lernen, die man in solchen abstrahierten, projizierten Räumen trifft, ist genauso wichtig, wie zu lernen, auf der Straße in beide Richtungen zu schauen, bevor man sie überquert.

Es ist nicht länger sinnvoll, die Pro und Contras zu diskutieren (Internet/Smartphone ja oder nein?). Es ist an der Zeit, aus der furchtbaren Diskussion Skeptiker vs. Enthusiasten eine fruchtbare Diskussion über Chancen und Risiken zu machen. Wir müssen dazu übergehen, zu diskutieren, AUF WELCHE WEISE digitale Medien genutzt werden und nicht, WIE LANGE und OB überhaupt. Medienzeitbegrenzungen werden unsere Kinder vor den wirklichen Gefahren wie Cyber-Grooming oder Cyber-Mobbing nicht schützen. Verteufelung von Technik, Internet und sozialen Medien wird die Kinder aber abschrecken und eine Kluft zwischen der Kinder/Jugendlichenwelt und der Erwachsenenwelt schaffen. 
Ich habe mal flapsig gesagt: „Das Internet ist scheiße, weil die Welt scheiße ist.“ Aber genauso ist das Internet super, weil die Welt eben auch sehr oft super ist. Mit der Welt umzugehen und das beste daraus zu machen lernt man aber nicht, wenn man ständig von ihr ferngehalten wird.
Medienkompetenz muss man sich erdaddeln

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Kommentare 1
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor 5 Jahren

    So richtig!

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