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Flucht und Einwanderung

Reformation und Islam. Oder: Steckt euch euren Luther sonstwohin!

Fabian Goldmann
mal Journalist, mal Islamwissenschaftler, je nachdem

...hab damals den Einschreibungstermin für Theoretische Physik verpasst. Das hab ich jetzt davon.

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Fabian GoldmannFreitag, 15.04.2016

Wenn Flüchtlinge in Deutschland Frauen belästigen, sich Selbstmordattentäter in die Luft sprengen oder ganz generell der desolate Zustand der islamischen Welt beklagt werden soll, dauert es oft nicht lange, bis aus Feuilletons und Talkshows nach einer islamischen Reformation gerufen wird. Oft erklären dann Leute, die weder Ahnung von europäischer Kirchengeschichte noch islamischer Ideengeschichte haben, dass es nur einen islamischen Luther bräuchte, um Säkularismus, Frieden und Demokratie in die islamische Welt zu bringen.

Darauf, dass diese Idee nicht so richtig gut durchdacht ist, hat Mehdi Hassan im britischen Guardian hingewiesen. Wer Hasans Interview-Sendung Upfront auf Aljazeera kennt, der weiß, dass der britische Journalist nicht unbedingt ein Freund leiser Zwischentöne ist. Und auch sein Essay „Warum der Islam keine Reformation braucht“ wäre mit „Steckt euch euren Luther sonstwohin“ treffender überschrieben.

Hassan erläutert ziemlich knapp, pointiert und unterhaltsam, dass die Rechnung Tür + Thesen = Reformation = Aufklärung = Trennung von Kirche und Staat = Europäische Demokratie nicht aufgeht – weder in Europas Vergangenheit noch in der islamischen Zukunft. Das Projekt scheitere im Islam nicht nur am Fehlen einer reformierbaren zentralen Instanz („An wessen Tür sollen die 95 Fatwas genagelt werden“), sondern vor allem daran, dass der Fundamentalist, Judenhasser und Fan der Bauernunterdrückung Martin Luther ein eher schlechtes Rolemodel für demokratische Erneuerungsbewegungen hergibt. 

Das klingt manchmal etwas zu verkürzt und zugespitzt, zumal Hassan kaum Zeilen auf den historischen Kontext von Luthers Wirken verschwendet, aber im wichtigsten Punkt kommt Hassan der realexistierenden Reformationsgeschichte der islamischen Welt doch näher als die meisten deutschen Feuilletonisten: Puristisch-fundamentalistische Reformatoren à la Luther habe die islamische Welt zur Genüge. Der aktuell erfolgreichste heißt Abu Bakr al-Baghdadi und ist Anführer der Terrormiliz IS.

Reformation und Islam. Oder: Steckt euch euren Luther sonstwohin!

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