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Flucht und Einwanderung

Kabul ist gefallen und der "War on Terror" ist absolut gescheitert

Emran Feroz
Journalist
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Emran FerozMontag, 16.08.2021

Euch ist gewiss aufgefallen, dass ich in diesen Tagen kaum anwesend war auf Piqd. Dies hat seine Gründe. In Afghanistan ist nämlich die Hölle los. Im Laufe meiner langjährigen Arbeit als Afghanistan-Reporter wurde nun nämlich ein Wendepunkt erreicht: Die Taliban haben Kabul erobert.

Es ist kaum zu fassen, doch es ist tatsächlich geschehen. 

Wie kam es dazu? In den letzten Tagen (!) fand ein heftiger Taliban-Aufmarsch statt, der die wichtigsten Provinzhauptstädte des Landes zu Fall brachte. Bereits diese Entwicklung hat viele Beobachter besorgt - und auch deutlich gemacht, wie falsch sie mit ihren Vorhersagen lagen.

Mit einem solch schnellen Fall Kabuls hat dennoch fast niemand gerechnet. Ashraf Ghani, Afghanistans offizieller Präsident, ist mitsamt seiner korrupten Macht-Elite geflüchtet, während die Taliban den Arg, den afghanischen Präsidentenpalast in Kabul, eingenommen haben. 

Die Extremisten herrschen nun abermals praktisch über ganz Afghanistan. Der Grund für den erfolgreichen Aufmarsch war wohl das massive Versagen des westlichen Einsatzes in den letzten zwei Jahrzehnten. Die Resultate davon zeigten sich in den letzten Wochen und Monaten: Ein von Korruption durchtränkter Sicherheitsapparat voll mit demoralisierten Truppen, der nicht in der Lage war, das Land gegen die Taliban zu verteidigen. Anscheinend reichten 400 Taliban-Kämpfer aus, um Kabul einzunehmen. Viele Polizisten und Soldaten hatten bereits im Vorfeld ihre Posten verlassen.

Doch es gibt auch viele andere Gründe, warum der War on Terror der Amerikaner am Hindukusch derart gescheitert ist. Ich habe regelmäßig über sie geschrieben oder hier darüber gepiqd.

Und dies werde ich natürlich auch weiterhin tun. 

Die neuen Machthaber in Kabul sind bekannt und haben sich meiner Meinung nach wenig bis gar nicht verändert. 

"Wir haben Angst, was passiert. Wir befürchten, dass alles, was wir in unsere Bildung reingesteckt haben, umsonst war", erzählte mir soeben ein Freund aus Kabul am Telefon.

Er muss dort übrigens weiterhin verbleiben. Jene, die in diesen Stunden en masse zum Flughafen rennen, haben nämlich das Geld und die Dokumente für eine Ausreise. 

Am Kabuler Flughafen kam es gestern Nacht zu dramatischen Szenen. US-Soldaten sind weiterhin damit beschäftigt, das Botschaftspersonal zu evakuieren. "Americans first", auch in diesen Tagen.

Es ist zum Kotzen.

Eine Anmerkung zum NYT-Artikel, der eine gute Übersicht liefert: Das feste Team des NYT-Büros in Kabul (weiße Amerikaner) wurde bereits ausgeflogen. 

Kabul ist gefallen und der "War on Terror" ist absolut gescheitert

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Kommentare 2
  1. Karen Mansfeld
    Karen Mansfeld · vor 3 Jahren

    Ich schätze Deine Beiträge schon lange. Ich bin heute in den Piqs zurückgegangen, wie lange von Euch schon vor dem Vormarsch und der Situation der Ortskräfte berichtet wird.

    Deshalb kann ich auch nur noch mit Fremdschämen zu unserer Politik reagieren, die jetzt Überraschung angesichts der Kabul-Übernahme heuchelt.

    Das setzt ein Schlaglicht darauf, wie unfähig sie ist, auf Probleme zu reagieren. Afghanistan, Pandemie, Digitalisierung, Klima… Volksvertreter? Wird sie diesem Auftrag noch gerecht?

  2. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor 3 Jahren

    Danke, nicht nur für diesen Piq. Gestern las ich im Zug mehrere Deiner Beiträge und heute früh sah ich Dein Tagesthemen-Interview.

    Ich hoffe, Dein Freund und viele andere kommen noch in Sicherheit.

    Obwohl das Scheitern schon lange feststand, ist die Art und Weise doch schockierend.

    Nach einem Innenhalten, werden Antworten auf etliche Fragen dringend gesucht:

    Bleiben die Taliban in Afghanistan? Welche Rolle übernimmt China? Wer stößt sonst noch in diese Weltgegend vor?

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