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Deconstructing Churchill

Emran Feroz
Journalist
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Emran FerozMontag, 22.03.2021

Winston Churchill gilt als einer der Helden des Zweiten Weltkrieges. Diese Sichtweise dominiert nicht nur in Großbritannien, sondern auch anderswo. 

Dabei ist es wichtig, den "Mythos Churchill" zu dekonstruieren und genau das tut Priyamvada Gopal, Professorin für Postcolonial Studies an der Universität Cambridge. 

Churchill war nämlich in erster Linie ein Rassist und Massenmörder – und zwar aus der Sicht von Millionen von Menschen, die bis heute unsichtbar gemacht werden.

Warum? Unter anderem deshalb:

Churchill is on record as praising “Aryan stock” and insisting it was right for “a stronger race, a higher-grade race” to take the place of indigenous peoples. He reportedly did not think “black people were as capable or as efficient as white people”. In 1911, Churchill banned interracial boxing matches so white fighters would not be seen losing to black ones. He insisted that Britain and the US shared “Anglo-Saxon superiority”. He described anticolonial campaigners as “savages armed with ideas”.

Wer derartige Tatsachen verbreitet, wird allerdings auch schnell abgestempelt und angefeindet. Es ist dann schnell von "Cancel Culture" die Rede. Genau das ist Gopal im Kontext einer Churchill-kritischen Veranstaltung widerfahren. 

Dabei ist es wichtig, solche Narrativen zu dekonstruieren, und zwar in konstruktiver Art und Weise. Man muss gezielte Bildungsarbeit leisten. Mittlerweile gibt es verschiedene Plattformen hierfür. Ich selbst greife zum Beispiel regelmäßig auf Instagram oder Twitter zurück (inkl. der Aufbereitung von Quellen usw.).

Gopal schreibt auch folgendes:

Even his contemporaries found his views on race shocking. In the context of Churchill’s hard line against providing famine relief to Bengal, the colonial secretary, Leo Amery, remarked: “On the subject of India, Winston is not quite sane … I didn’t see much difference between his outlook and Hitler’s.”

Umso mehr fragt man sich, warum man so selten von solchen historischen Episoden hört. Mir persönlich wurde nicht nur in der Schule, sondern auch während meines Studiums vor allem eins vermittelt: Churchill war ein demokratischer, antifaschistischer Held. 

Das dem nicht so ist, sollte mittlerweile klar sein – und verbreitet werden. 

Deconstructing Churchill

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Kommentare 8
  1. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor mehr als 3 Jahre

    Keine einzige der Fragen hast Du beantwortet.

    Keine Gewichtung der Lebensleistung wird vorgenommen, sondern es wird ein Zitat ohne Quellenangabe benutzt.

    Das ist intellektuell armselig.

    1. Emran Feroz
      Emran Feroz · vor mehr als 3 Jahre

      "Intellektuell armselig" ist hier wohl viel mehr der Ton, der von deiner bzw. eurer Seite kommt. Warum soll ich hier Churchills gesamte Lebensleistung gewichten, wenn es in dem Piq um einen Artikel geht, der sich nun einmal kritisch mit besagter Person befasst? Warum wird hier auf Gopals Text (der übrigens mit genug Quellen versehen ist) gar nicht eingegangen? Hast du den Text überhaupt gelesen? Ich empfehle in diesem Kontext übrigens ihr Buch "Insurgent Empire": https://www.versobooks... Warum? Weil englischsprachige Debatten über Churchill und Co. zum Glück um einiges fortgeschrittener sind als jene im deutschsprachigen Raum.

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

      @Emran Feroz Du hast Churchills Lebensleistung durch aus charakterisiert: „Churchill war nämlich in erster Linie ein Rassist und Massenmörder " Genau das gibt der Artikel aber so nicht her. Der ist wesentlich differenzierter. Auch wenn ich niemanden kenne, der meint, Churchill habe den zweiten Weltkrieg im Alleingang gewonnen.

      Ja, Churchill war, wie sehr viele seiner Zeitgenossen in verschiedenen Schattierungen, auch ein Rassist. Das ist bekannt. So wie viele von uns es gewesen wären, wenn sie damals gelebt hätten. Das kann man in den seriösen Biographien nachlesen. Ein Massenmörder wie Hitler oder Stalin war er gewiss nicht. Und diese Aussage habe ich kritisiert.

    3. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 3 Jahre

      @Emran Feroz Nein, die englischsprachigen Debatten zu Churchill sind nicht fortgeschrittener. Die einzige weit verbreitete apologetische Biographie kommt aus England - von Boris Johnson.

      Im ersten Kommentar fragte ich nach einer Biographie Churchills Deiner Wahl.

      Da kommt schlicht nichts, außer jetzt ein Link zu einem Buch mit einem anderen Thema.

      Nimmt man englischsprachige Überblicksdarstellungen wie etwa die von Ian Kershaw zur Hand, dann wird schnell klar, auch hier wird Churchill nicht so kenntnisfrei abgewertet.

      Allerdings wird sein versuchtes Festhalten am Kolonialreich kritisch dargestellt, aber nicht so scharf wie vom deutschen Historiker Wolfgang Reinhard.

      Ja, der Guardian-Artikel (ich hatte ihn zuvor schon gelesen) ist differenzierter als Deine Moderation, als kritischer Debattenbeitrag im Kontext des Guardians ist er zu vertreten. Doll ist er nicht, und von einer neuen Idee oder Lösung ist er weit entfernt.

      Der Piq bleibt intellektuell blamabel - von Deiner Seite.

  2. Emran Feroz
    Emran Feroz · vor mehr als 3 Jahre

    Ich finde die Reaktionen unter diesem Piq schon interessant und fasse diese wie folgt auf: Sowohl mein Piq als auch der Artikel von Gopal sind "einseitig" und werden gar als eine Art "Angriff" wahrgenommen. Es wird krampfhaft versucht, Churchill zu verteidigen. Ist ja schön und gut, dass Churchill so viele positiven Seiten hatte, Thomas und Achim. Diese negiert ja auch niemand. Aber vielleicht habt ihr auch einmal daran gedacht, dass Menschen wie Gopal und ich eben auch ein anderes Bild - und zwar eines das viel zu kurz kommt! - von diesem Mann haben? Dürfen wir das denn überhaupt? Laut Churchill sind Afghanen ein zurückgebliebenes, barbarisches Volk. Er sagte u.a. folgendes:

    "We see them in their squalid, loopholed hovels, amid dirt and ignorance, as degraded a race as any on the fringe of humanity: fierce as the tiger, but less cleanly; as dangerous, not so graceful. Those simple family virtues, which idealists usually ascribe to primitive peoples, are conspicuously absent. Their wives and their womenkind generally, have no position but that of animals. They are freely bought and sold, and are not infrequently bartered for rifles. Truth is unknown among them."

    Sorry, aber jemand, der so über meine Vorfahren gesprochen hat, wird von mir äußerst kritisch betrachtet. Da ist es mir dann auch ziemlich wurscht, was mir die weiße Mehrheitsgesellschaft in Deutschland oder anderswo erzählen will.

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

      Vielleicht ist Dir aufgefallen, das Du nun über "unsere" Vorfahren ähnlich undifferenziert urteilst wie damals Churchill über den Rest der Welt. Wollen wir das jetzt endlos fortsetzen? Ich könnte nun sagen, dass ich jeden äußerst kritisch betrachte, der so schwarz/weiß argumentiert. Egal wer seine Vorfahren sind. Es geht doch nicht um Verteidigen sondern um Verstehen der Zeit und der Geschichte in der ganzen Komplexität. Nicht hier die eigenen Vorfahren, edel und gut, da die bösartigen anderen. Churchill ist in einem (langsam schwächer werdenden) Imperium geboren und aufgewachsen. So hat er gedacht und mußte seine Lektionen lernen. Das unterscheidet ihn aber nicht von den Eliten der arabischen oder asiatischen Großreiche.

      Jeder, der sich mit Geschichte beschäftigt weiß doch, dass die Vergangenheit von gegenseitiger Verachtung, Kriegen zw. Völkern und Religionen geprägt war. Engländer sahen sich als Herrenvolk, was auch Araber, Türken und Chinesen von sich meinten.

      Ja, Europa hatte in weiten Teilen der Welt gut 200 Jahre die Dominanz mit sehr unschönen Folgen für die schwächeren. Aber noch 1683 standen die Osmanen vor Wien und Griechenland stand bis 1830 unter osmanischer Herrschaft. Muslime haben ihre Imperien nicht mit der Friedenspfeife errichtet. Auch in der Geschichte der Afghanen/Paschtunen gab es neben den Weißen viele Fremdherrscher und Invasoren, wie die Turkstämme Zentralasiens, die Mongolen, die indischen Moguln und die persischen Safawiden. Vorurteile waren durchaus wechselseitig, jeder sah die anderen als Barbaren und Ungläubige.

      Ich bin mir nicht sicher, wie zur Zeit damals Afghanen über Europäer geurteilt haben. Vielleicht hast Du ja ein passendes Zitat über Europäer von dieser Seite?
      Oder wie herzlich sich die afghanischen Völker und Religionsgruppen untereinander zugeneigt waren. So viel ich weiß waren die Paschtunen traditionell das Herrschervolk Afghanistans gegenüber den Tadschiken, Hazara oder Usbeken etc. Was sicher auch ein Grund war für den Krieg zw. Taliban und anderen Widerstandsgruppen wie die um Ahmad Schah Massoud nach dem Sieg über die Sowjetunion mit entsprechendem wechselseitigen Haß (Rassismus?) und Massakern.

      Im übrigen gibt es keine einheitliche deutsche Mehrheitsgesellschaft, die Dir etwas erzählen will. Es gibt sehr unterschiedliche Diskurse und Erzählungen über Geschichte. Wem das egal ist, der sollte schweigen.

  3. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

    Es mag ja sein, dass in der Schule oft eher Geschichts-Schablonen gelehrt werden. Schulbildung reicht in der Regel nicht für ein differenziertes Geschichtsbild. Nur ist am Ende das Gegenteil der Schablone auch wieder eine. Denn bei einer solchen zu Ende vereinseitigten Geschichtsschreibung wie im Piq, war es am Schluß wohl auch egal, wer den zweiten Weltkrieg gewonnen hat? Waren ja alles Rassisten und Massenmörder. Stalin, Mao, Roosevelt, Churchill, Hitler, Ata Türk, Envar Hotscha - alles eine Soße. Und wir müßten heute nicht über Menschenrechte, Demokratie oder Gleichberechtigung streiten. Die gäbe es gar nicht .... Ja, Menschen und ihre Geschichte sind widersprüchlich, nicht ideal und genügen meist nicht den Ansprüchen zukünftiger Generationen. Die hätten damals alles viel besser gemacht.

  4. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor mehr als 3 Jahre

    In welcher aktuell lieferbaren oder klassischen Churchill-Biographie steht denn nicht, dass er an fünf Kolonialkriegen teilgenommen hat und dabei bei der letzten Kavallerieattacke der britischen Kriegsgeschichte mitgeritten war?

    Wie kann man bezweifeln, ob ein Politiker, der 55 Jahre (!) Parlamentsarbeit geleistet hat, kein Demokrat ist?

    Welche Geschichte des Zweiten Weltkrieg kann ohne Schaden seine überragende Rolle verschweigen?

    Gibt es dafür ein Beispiel?

    Churchill bleibt eine der großen Gestalten der Weltgeschichte mit sehr viel Licht und auch mit Schatten. Hier nur das Dunkle zu betonen, das ist nicht nur einseitig, sondern falsch.

    Und Churchill war kein Massenmörder. Er nahm an den Kolonialkriegen als junger Husarenleutnant und Kriegsberichterstatter teil. Selbstverständlich hat ein solcher keine Kriegsentscheidungen gefällt.

    Außerdem war Churchill auch noch, was selten vorkommt, ein großer Autor, der den Nobelpreis für Literatur erhielt.

    In seinen Texten über die Kolonialkriege sieht Churchill das Vorgehen der englischen Führung durchaus kritisch.
    https://www.perlentauc...

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