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Pop und Kultur

Seiner Zeit voraus: Nick Drake

Dorothea Tachler
Musikerin

Spielt und singt in Bands und macht Musik für Filme.
Ihre eigenen Bands heissen My Favourite Things und Hunki Dori.
Sammelt und verteilt Lieder und Artikel in München, Berlin und New York.

Zum Kurator'innen-Profil
Dorothea TachlerDonnerstag, 29.06.2023

Der britische Sänger Nick Drake verzaubert jede neue Generation, sagt The Guardian. Ein neues Buch von Morton Jack über ihn und ein neues Album sollen mehr Einsicht darüber gewähren, wie der zurückgezogene Musiker tickte. Obwohl dieser bereits 1974 im zarten Alter von 26 anscheinend an einer Medikamentenüberdosis verstarb, trudeln immer noch manchmal Konzertanfragen für ihn ein. Meist seien diese von außerhalb Englands und von Fans, die den Künstler vermeinen, entdeckt zu haben. Weil seine Musik so aktuell klingt, dass man meint, er lebt noch. In den 00er-Jahren gab es eine Volkswagen-Werbung mit dem Song "Pink Moon", die diesen Song auf einmal sehr bekannt machte und Aufmerksamkeit auf den Sänger zog. 

Erstmals eine Biografie über ihn kam nun im Juni heraus "Nick Drake: The Life", und dem folgt im Juli ein Compilation-Album namens "The Endless Coloured Ways", auf dem seine Songs von aktuellen Bands re-interpretiert werden. In Nick Drakes Musik geht es um zeitlose Themen. Wie schafft Nick Drake es, so eine tiefe Verbindung mit den neuen Generationen herzustellen, wo er zu Lebzeiten kommerziell erfolglos war, fragt sich hier der Autor Tim Jonze. "Es ist, als ob Nick einem sagt, es sei in Ordnung, sich elendig zu fühlen." Er erinnert sich, wie er als 16-Jähriger schier überwältigt war, als er "Bryter Later" hörte und sich fühlte, als sei Nick Drake der einzige Mensch, der ihn versteht. Im Gespräch mit Cally Callomon und Gabriel Drake (Nick's Schwester), die sein Vermächtnis verwalten, findet er heraus, dass dies nicht ganz unbeabsichtigt war. Diese gehen sehr sparsam damit um, was an Nick Drakes Stücken noch verwendet werden darf, dass diese z. B. nicht in jedem Film platziert werden, und sie wollen verhindern, dass ein Film über sein Leben gedreht wird, weil ihn jeder anders gesehen hatte und dessen Bild über ihn enttäuscht werden würde. Callomon will seine Musik also sehr bedacht "vermarkten" und probierte einiges, wie eine Facebook Seite: “Aber nur, weil eine Technologie entwickelt wurde, bedeutet es nicht, dass diese richtig für unsere Hörerschaft ist". Sie wollen Nick gerecht werden: dieser wollte zwar berühmt werden, aber ihm gefielen die Mechanismen nicht, wie so etwas zustande kam. Es soll stilvoll bleiben, und subtil – wie seine Musik. Selbst einer Biografie wollten sie nicht wirklich stattgeben. Dieser Mangel an Informationen über ihn würden einen Teil der Anziehungskraft über ihn ausmachen – eine Handvoll Fotos, nur drei Alben zu Lebzeiten und kein (bekanntes) Videomaterial. Doch dies führt eben zu erfunden Mythen über diesen Sänger. 

“Wir wollten nie bewusst diese tragische, romantische Geschichte aufbauen, um seine Musik zu verkaufen," sagt Callomon mit Ausdruck. "Ein Grund für dieses Buch war, um von dem Mysterium Nick Drake als Person wegzukommen". Das Buch räumt sehr faktisch und detailliert Mythen auf, die nicht wahr waren, z. B. gibt es keine festen Indizien, dass er drogensüchtig war. Es beschreibt mehr sein Leben als die Tiefen seiner Seele, denn das, sagt Autor Morton Jack, sei ein sinnloses Unternehmen. Aber diese interessanten Fakten überbrücken vernebelte Ideen über die Person Nick Drake. Zum Beispiel nahm er sein Album "Pink Moon" auf, ohne dass sein Label etwas darüber wusste. Und auch seine Depression und Abhängigkeit von Antidepressiva wird angezeigt als etwas fast Unvermeidliches, seine Familie hatte alles versucht, ihm zu helfen. 

Ein homogenes Bild über ihn darzustellen erweist sich also als schwierig, denn selbst die engsten Freunde von Nick Drake sahen ihn alle unterschiedlich. Der Mann bleibt also ein Rätsel. Ein bisschen wie seine Musik und seine Texte, denn auch hier ist es schwierig herauszufinden, was er hier wirklich machte und meinte.

Seiner Zeit voraus: Nick Drake

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