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1986 in Kiew zur Welt gekommen. Seit zwanzig Jahren einer von den guten Einwanderern. In Leipzig Politikwissenschaft, Soziologie und Philosophie studiert. An der Deutschen Journalistenschule zum Redakteur verarbeitet. Seitdem beseeltes Berliner Edelprekariat. Ach ja, bei Hanser Berlin Literatur verbrechend. Das mach ich wirklich gern.
Das ist ein selten schöner und anrührender Text: Über Henry Kamm. 1925 in Breslau geboren. Eine Kindheit zwischen den Welten. Jüdische Schule morgens, Nazideutschland hinter den Schultoren. Die Pogrome. 1941 fliehen Teile seiner jüdischen Familie über den Atlantik. Dort wird Kamm ein grandioser Journalist, gewinnt den Pulitzer Preis, kehrt nach Europa zurück. Nach Frankreich. Eigentlich sogar schon 1945 nach Deutschland, um als US-Soldat und deutscher Muttersprachler Nazis juristischen Beistand zu leisten – ein Dienst den er nach einer Woche aus emotionalen Gründen quittierte. Aber ganz spät in seinem gelinde gesagt bewegten Leben wird Kamm auch wieder Deutscher. Sucht die Aussöhnung mit dem Land der Katastrophe. Ein jetzt sechsundneunzig Jahre alter deutscher Erstwähler!
Besonders lesenswerten macht diesen Text, dass Kamm selbst oft und ausgiebig zu Wort kommt, um seine Geschichte zu narratieren. Und sei es, sein Schwärmen für die deutschen Lieder, die seine Mutter stets sang. Beeindruckend auch Kamms Briefs an das Bezirksamt Berlin-Mitte, mit Bitte um die Wahlunetrlagen:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
jahrzehntelang bei den deutschen Wahlen nicht wählen zu dürfen, war nicht meine Wahl. ... zu Hause, hatten meine Eltern und ich das unsagbare Glück, den Holocaust zu überleben. Nicht so der Rest meiner Familie, alle Großeltern, meine Tante u. a. starben in Theresienstadt und in anderen KZs.....
2018 wurde ich als deutscher Staatsbürger wieder eingebürgert. Es wäre für mich ein wichtiges, gar ein historisches Anliegen, meine Pflicht als deutscher Staatsbürger jetzt absolvieren zu können ... Da meine Heimatstadt nicht mehr in Deutschland liegt, möchte ich mich gerne in die Wählerliste in Berlin ... eintragen lassen. Von Berlin aus musste ich Deutschland verlassen, somit käme ich dorthin irgendwie zurück."
Quelle: Matthias Krupa Bild: Laura Stevens Artikel kostenpflichtig www.zeit.de
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Danke, ein prägnantes Beispiel für den langen Atem der Geschichte.
Eine kleine Korrektur: Er ist Erstwähler in Deutschland nicht mit 93, sondern mit 96 Jahren!