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Kurator'in für: Fundstücke Zeit und Geschichte
Seit der ersten Stunde als Kurator bei Forum dabei: Dirk Liesemer arbeitet als Journalist für Magazine wie mare und G/Geschichte. Er hat Politik, Philosophie und Öffentliches Recht studiert, die Henri-Nannen-Journalistenschule besucht, immer mal wieder in Redaktionen gearbeitet und ehrenamtlich eine Reihe von Recherchereisen mitorganisiert und begleitet. Bisher fünf Bücher, darunter "Café Größenwahn" (2023), ein Ausflug zu den großen Kaffeehausliteraten des Fin de Siècle. Foto: Andreas Unger
Seit einigen Wochen streiten Historiker über die Frage, wie Putins Herrschaft denn nun treffend zu bezeichnen sei. Dabei geht es nicht um akademische Wortklauberei, sondern vielmehr darum, welche Handlungen als nächstes zu erwarten sind und wie demokratische westliche Staaten darauf reagieren sollten. Und es geht auch darum, wie solide historische Vergleiche und Einordnungen sind.
Manche sehen in Russland zentrale Merkmale des Faschismus erfüllt, der übrigens nicht mit Nationalsozialismus gleichzusetzen ist. So stellte der US-Historiker Timothy Snyder im Mai in der NZZ neun Thesen auf, die allerdings sehr auf den propagandistischen Gebrauch des Wortes Faschismus in Russland abzielen. So heißt es etwa bei Snyder:
Unter Putin bedeutet das Wort «Faschist» (oder «Nazi») einfach «mein auserwählter Feind, der eliminiert werden muss». Diese Begriffe sind im herrschenden russischen Sprachgebrauch Teil einer Hassrede, welche Kriegsverbrechen ermöglicht.
Norbert Frei, dessen kostenpflichtigen Text ich unten gepiqd habe, bleibt skeptisch. Am vergangenen Freitag urteilte er in der SZ über Snyders Thesen:
Schaut man sich allerdings genauer an, was Snyder zufolge dafür spricht, in Moskau „das wahre Zentrum des Faschismus in der Welt“ zu sehen, so stellt man fest: Es handelt sich um Merkmale, die auf eine ganze Reihe gegenwärtiger und verflossener Diktaturen und Autokratien zutreffen – von der faktischen Einparteienherrschaft über die unbestreitbar effektive Kontrolle der Medien und dem (schon weniger offensichtlichen) Führerkult bis hin zum Freund-Feind-Denken und der Verschwörungspropaganda.
Was jedoch in Russland bis heute fehle, so notiert Frei, sei eine charakteristische Massenbewegung wie einst im Italien Mussolinis oder in Hitlers Nazideutschland.
Ebenfalls skeptisch hatte sich zuvor schon der emeritierte Freiburger Historiker Ulrich Herbert in einem Interview mit der taz geäußert:
Der extreme Nationalismus des Putinschen Regimes und die Perspektive der Wiedergewinnung der 1990 durch die Auflösung der UdSSR „verlorenen“ Gebiete durch die Schaffung eines großrussischen Reiches sind die entscheidenden Kennzeichen des Regimes. Das Regime in Russland ist nationalistisch, revisionistisch und imperialistisch; es führt einen brutalen Angriffskrieg. Die Faschismus-Vergleiche, die im Umlauf sind, führen nicht weit.
Der in München lehrende Martin Schulze Wessel widersprach nun dieser Tage wiederum in einem ausführlichen, kostenflichtigen FAZ-Text:
Wenn man die politische Kultur Russlands genauer analysiert, was nur mit entsprechenden Sprachkenntnissen möglich ist, erscheint diese Feststellung [dass Putins Russland mit Faschismus nichts zu tun habe, DL] nicht zwingend. Die französische Historikerin und Politikwissenschaftlerin Marlène Laruelle, eine der besten Kennerinnen der ideologischen Landschaft Russlands, hat ihr im Jahr 2021 ein ganzes Buch der Frage gewidmet: „Is Russia fascist?“ Schon ein Jahr vor der Invasion erkannte sie in der militärischen Subkultur und im Mythos einer „Nation in Waffen“ ein Merkmal, das Russland mit den faschistischen Regimen und Bewegungen des 20. Jahrhunderts verbindet.
Schulze Wessel erkennt zudem noch weitere Merkmale des Faschismus, die in Russland erfüllt seien. Man wird jedoch noch sehen, denke ich, wie weit der oft inflationär verwendete und moralisch aufgeladene Faschismusbegriff im Falle Russlands tatsächlich trägt. Vermutlich werden sich andere Zuordnungen letztlich als geeigneter erweisen.
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Siehe auch hier:
https://www.economist....
Und falls Paywall:
https://www.facebook.c...
Das ist eine gute Zusammenstellung, allerdings gibt es ebeso keinen einheitlichen Faschismusbegriff für das 20. Jahrhundert.
Das heutige Russland erscheint mir wie ein Patchwork verschiedener autoritärer Regime. So gibt es klerikalfaschistische Teile, die nicht katholisch, sondern orthodox sind, aber auch stalinistisches Agieren: In den besetzten Gebieten handelt man wie Stalin 1940 in Polen oder im Baltikum.