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Medien und Gesellschaft

The Correspondent ist gescheitert

Christoph Zensen
Informationswissenschaft, Medieninformatik, Produktmanagement

#ViewFromSomewhere #MovementJournalism

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Christoph ZensenFreitag, 11.12.2020

„De Correspondent” war das erste massiv erfolgreiche redaktionelle Online-Medium, dass sich durch Crowdfunding und Mitglieder finanziert hat.

Einige haben danach versucht diese Blaupause zu nutzen. „Krautreporter” und „Perspective-Daily” in Deutschland, „Die Republik” in der Schweiz, „Mediapart” in Frankreich. Und zum Schluss versuchte es „De Correspondent” noch einmal selbst und startet vor etwas über einem Jahr mit einer internationalen Auskopplung: „The Correspondent”.

Das ist jetzt gescheitert. „The Correspondent” wird in 2021 keine Artikel mehr veröffentlichen. Die verbleibenden Mitglieder bekommen den Betrag ihrer Jahresmitgliedschaft anteilig zurückerstattet.

Der Erfolg von „De Correspondent” wird damit immer rätselhafter. Dieses Team hatte doch jetzt die besten Voraussetzungen. Wenn ich das richtig überblicke, hat es bisher nur „Mediapart” aus Frankreich geschafft, sich eine gute wirtschaftliche Basis zu erarbeiten.

Warum ist „The Correspondent” gescheitert?

Waren es nur die äußeren Umstände der Pandemie, die für das Wegbrechen der Abonnements verantwortlich waren? So begründen es jedenfalls die Gründer in dem hier gepiqten Abschiedsbrief.

Das hat sicherlich einen großen Anteil, aber ich glaube, dass die Ursachen noch tiefer liegen.

Ich war selbst zahlendes Mitglied bei „The Correspondent” und es war bereits kurz nach Beginn schon sehr verdächtig, wie gering das Engagement der Leser war. Lange, intensive Artikel hatten oft nur eine einstellige Anzahl an Kommentaren. Irgendetwas funktionierte da nicht.

Ich habe 3 Theorien:

  •  Eine internationale Ausrichtung und Leser-Community funktioniert einfach nicht so gut. Da ist einerseits die Sprachbarriere und andererseits die Explosion von Kontexten. Man muss einfach zu viel vorab erklären: "Here in Germany, it is so-and-so..."


  • Die Ressorts waren falsch gewählt. „The Correspondent” hatte sich zum Ziel gesetzt, sich nicht am Thema des Tages zu orientieren und stattdessen die langsameren, strukturellen Themen zu setzen. Ich könnte mir vorstellen, dass die etwas ungewöhnlicheren Ressorts, wie "Die ersten 1000 Tage im Leben von Menschen", "Othering – Wie sich Gruppen voneinander Absetzen" oder "Sanity – Psychisch gesund bleiben" einfach nicht genug Leser:innen-Interesse auf Dauer wecken konnten.


  • Die schlimmste Option wäre, dass es etwas mit strukturellem Rassismus zu tun hat. Immerhin sind 3 der 5 Hauptredakteure People of Color. Ist es vorstellbar, dass die – vermutlich vorwiegend weiße – Leserschaft diese Stimmen nicht lesen wollte?



The Correspondent ist gescheitert

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Kommentare 2
  1. Christoph Weigel
    Christoph Weigel · vor 4 Jahren

    ich denke nicht, daß die ressorts per se falsch gewählt waren, christoph, sondern daß sie in diesem ersten jahr für 'the correspondent' für die mehrzahl der US-abonnenten schlicht irrelevant waren. ok, ich schließe hierbei von mir auf andere...

    1. Christoph Zensen
      Christoph Zensen · vor 4 Jahren

      Hey Christoph 🤗

      Einige Ressorts haben mich am Anfang etwas irritiert. Ich fand die irgendwie nicht so ganz naheliegend.

      Aber später habe ich es — glaube ich — besser verstanden.

      Ich glaube, die Verleger haben nach Themen gesucht, die einerseits noch nicht so ausgetreten, aber gleichzeitig ziemlich fundamental und querschnittig sind.

      Wahrscheinlich denke ich auch zu kurzfristig. Sicherlich lässt sich mit dem Hebel frühkindliche Erfahrung oder Überwindung oder bessere Kontrolle von Othering gesellschaftlich ganz viel zum Positiven wenden. Aber was sind das denn für zeitliche Dimensionen?

      Ist nur eine Theorie, aber ich könnte mir vorstellen, dass im Community-Journalismus die anvisierte Utopie etwas greifbarer sein muss.

      Woran es auch lag, die Ressorts "1000 erste Tage" und "Othering" hatten Resonanzprobleme. Die anderen 3 Ressorts "better politics", "sanity" und "climate" liefen in meiner Erinnerung besser.

      Wie hast du das erlebt?

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