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Volk und Wirtschaft

„Den Zufall unterschätzt, wer am stärksten von ihm begünstigt ist." – Meritokratie & Glück

Christian Huberts
mächtiger™ Kulturwissenschaftler und Kulturjournalist
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Christian HubertsMittwoch, 03.05.2017

Nicht nur bei Verschwörungstheorien wird Koinzidenz gerne mal mit Kausalität verwechselt. Insbesondere in der eigenen Biografie wird mit Vorliebe aus einer Reihe von Zufällen im Nachhinein eine plausible Erfolgsgeschichte gesponnen. Das es so einfach nicht ist, thematisiert Bernd Kramer bereits im vergangenem Jahr im Freitag:

Tübinger Sportwissenschaftler ermittelten, dass 61 Prozent der Nachwuchsspieler in der Talentförderung des Deutschen Fußballbundes in den ersten sechs Monaten des Jahres zur Welt gekommen sind. In anderen Mannschaftssportarten verteilen sich die Geburtstage der Spieler ebenfalls sehr ungleichmäßig aufs Jahr.

Diese und ähnliche Zusammenhänge lassen sich durchaus erklären: Wer im Frühjahr geboren wurde, ist bei der Zusammenstellung einer Sportmannschaft in der Regel etwas älter als die meisten Kollegen und wird bevorzugt behandelt. Ökonomen machen schneller Karriere, wenn ihre Namen nach den geltenden Regeln der wissenschaftlichen Zitation an erster Stelle stehen. Und Herr Kaiser von der Hamburg-Mannheimer hat seine Beförderung zur Werbeikone wohl auch dem autoritär und seriös klingenden Namen zu verdanken. Aber Bernd Kramer ruht sich zum Glück nicht auf solchen Fun-Facts aus, sondern richtet sie auf den Leistungsdiskurs:

Es sind Beobachtungen wie diese, die grundlegend erschüttern müssen, wie wir über Erfolg denken. Wie wir über Reichtum und Armut urteilen – und wie wir darüber diskutieren, welche Ungleichheit wir in einer Gesellschaft zu ertragen bereit sind und welche nicht. Es sind eben nicht allein Talent, Leistung, Willenskraft, Anstrengung.

Insbesondere die Ideologie der Meritokratie nimmt Kramer in die Kritik: Selbstverständlich beeinflussen Leistungswillen und Talent den Erfolg einer Karriere, aber ohne Berücksichtigung des Zufalls, entstehen selbsterfüllende Prophezeiungen. Wer scheitert, muss einfach nur faul gewesen sein. Und wer Erfolg hat, blendet den Survivorship Bias bequem aus. So kann nicht über (Un-)Gerechtigkeit geredet werden!

„Den Zufall unterschätzt, wer am stärksten von ihm begünstigt ist." – Meritokratie & Glück

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