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Die verschleppte Aufklärung – Sexueller Missbrauch und die EKD

Charly Kowalczyk
Journalist

Ich bin in Singen am Hohentwiel geboren und lebe in Potsdam. Schreibe Radiofeature für den Deutschlandfunk und für die Sender der ARD. Bin Mitgründer des Bremer Hörkinos. Seit nun fast 19 Jahren stellen wir in Bremen ein Radiofeature der Öffentlichkeit vor.
www.bremer-hoerkino.de

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Charly KowalczykDonnerstag, 11.11.2021

Seit Jahren quält sich die evangelische Kirche selbst, weil sie nicht weiß, wie sie mit Opfern und Tätern des sexuellen Missbrauchs im eigenen Haus umgehen soll. Darüber wurde wieder einmal auf der Jahrestagung der EKD (Evangelische Kirche in Deutschland) vom 5. bis 10. November 2021 in Bremen diskutiert. Es stellt sich die Frage: Warum nur tut man sich in der EKD nach über einem Jahrzehnt, als sexueller Missbrauch in ihren Reihen zum ersten Mal öffentlich wurde, noch immer so furchtbar schwer damit?

Im Interview mit dem Deutschlandfunkmoderator Jörg Münchenberg antwortet Margot Käßman, ehemalige EKD Ratsvorsitzende, auf Fragen, die schon lange nach Antworten suchen. Margot Käßmann antwortet direkt, sie weicht den Fragen nicht aus. Genau das macht das Interview hörenswert:

"Es ist ja bitter (...), dass die Betroffenen, die Opfer von sexualisierter Gewalt erklären, dass unsere Kirche das nicht energisch genug aufklärt. Und ich denke, wir müssen hören, was die Forderungen sind, und uns auch noch mal deutlich machen: Wer sind eigentlich die Täter und warum wurden hier Täter geschützt, warum wurden Verbrechen – das sind Straftaten – vertuscht, weil man offensichtlich meinte, Kirche schützen zu müssen. Und das widerspricht ja unserer Grundüberzeugung, dass die Kirche zu allererst die Opfer in unserer Gesellschaft zu schützen hat.

Betroffene kritisierten in Bremen das schleppende Tempo der Missbrauchsaufarbeitung in der EKD. Stellen die Ernsthaftigkeit der Aufklärung infrage. „Was mir heute immer noch fehlt, ist das klare Bekenntnis der Evangelischen Kirche zur Betroffenenbeteiligung“, sagte bspw. Detlef Zander. Er war als Kind in einem Heim der Korntaler Brüdergemeinde in der Nähe von Stuttgart missbraucht worden. Die evangelische Kirche tut sich mit der Aufklärung genauso schwer wie die katholische Kirche. Eigentlich könnte es so einfach sein. Sagen, was war, und was nie mehr sein soll. So einfach ist es aber offensichtlich nicht. Dabei könnte eine unabhängige Aufarbeitungskommission ein wenig Tempo in die Aufklärung bringen. Jedenfalls liegt diese Forderung auch schon ewig auf dem Tisch:

"Ich denke, das wäre ein sinnvoller Schritt, weil es ja auch entlastet, wenn wir sagen, wir übergeben das nach außen. Bischof Tutu, der anglikanische Erzbischof von Südafrika, hat damals ja auch einer Wahrheits- und Versöhnungskommission vorgesessen, und er hat gesagt: Versöhnung ist nur möglich, wenn die Opfer gehört werden und Täter ihre Taten bekennen. Das war auch ein sehr schmerzhafter Prozess und ich denke, unsere Kirche muss diesen schmerzhaften Weg gehen, weil es ist bitter auch zu hören, was sich da vollziehen konnte in Gemeinden, und dass dann Opfern, die das angezeigt haben, nicht geglaubt wurde, dass dann auch Verfahren verschleppt wurden und dass Gemeinden dann auch gemeint haben, sie müssen ihren Pfarrer oder ihren Diakon schützen und nicht das Kind oder die Jugendliche, die missbraucht wurde. Ich denke, es ist schmerzhaft, das anzusehen. Wir brauchen dafür auch eine Sprache. Wir haben allzu lange offensichtlich darüber nicht gesprochen und ich denke, die Vergangenheit aufzuarbeiten und in Zukunft anders zu handeln, das gehört zusammen.

Doch zur Aufarbeitung gehört auch die Entschädigung der Opfer. Viele haben unter dem Missbrauch so sehr gelitten, dass sie (häufig) arbeitsunfähig waren. Weshalb die Rente kaum zum Leben reicht. Und ihr Leben wäre sicher leichter gewesen, wenn sie nicht Opfer des sexuellen Missbrauchs in der evangelischen Kirche geworden wären. Der Mediziner Henning Stein, Vater eines missbrauchten Kindes, machte deutlich, dass die diskutierten Summen für Entschädigungen „schlichtweg lächerlich“ seien. „Ohne eine angemessene Entschädigung der Betroffenen hat die Kirche keine Zukunft“, sagte Stein. 

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Frage des Deutschlandfunk Moderators Münchenberg zur Entschädigungsfrage – und die Antwort von Margot Käßmann. Da scheint sie dann doch noch auszuweichen:

"Frau Käßmann, es geht ein Stück weit auch ums Geld. Der Vorwurf steht im Raum von Seiten der Betroffenen, die Landeskirchen versuchten, die Summen durch „Trickserei“ bewusst niedrig zu halten. Ist das nicht ein ungeheurer Vorwurf?"

"Das ist ein ungeheurer Vorwurf. Ich kann mir das, muss ich jetzt auch sagen, eigentlich nicht vorstellen. Ich war elf Jahre Bischöfin und ich kann mir nicht vorstellen, dass da versucht wird, um Geld zu tricksen. So kenne ich meine Kirche eigentlich nicht."

Die verschleppte Aufklärung – Sexueller Missbrauch und die EKD

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