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Journalistin und Biochemikerin, hat als Wissenschaftlerin auf den Gebieten Krebsforschung und grüne Gentechnik Erfahrungen gesammelt. Veröffentlichungen in Die Zeit, Zeit Wissen, Technology Review, P.M., Süddeutsche Zeitung und anderen. Nebenbei Science Fiction-Nerd.
Es ist ein Skandal, der einem die Tränen in die Augen treiben kann: Windige Geschäftemacher versuchen, das jahrhundertealte System der wissenschaftlichen Qualitätskontrolle auszuhöhlen. Sogenannte "Raubverleger" geben sich als Wissenschaftsverlage aus und bringen Forscher dazu, bei ihnen zu veröffentlichen oder ihre Konferenzen zu besuchen, wie ein internationales Rechercheteam in einer aufwändigen Arbeit gezeigt hat:
Journalistinnen und Journalisten des SZ-Magazins und des Investigativressorts der Süddeutschen Zeitung, des NDR und des WDR haben sich monatelang in der Welt dieser Raubverleger bewegt, Konferenzen in aller Welt besucht und mit Dutzenden Experten gesprochen.
Um die Raubverleger zu testen, hat das Team Nonsenstexte eingereicht, die in 10 von 13 Fällen ohne große Änderungen angenommen wurden. Dabei ist es eigentlich essenziell, dass nur Forschungsarbeiten veröffentlicht werden, die im "Peer-Review"-Verfahren von Fachkollegen geprüft wurden.
Da auch Wissenschaftler von Universitäten und Forschungsinstituten auf die Raubverleger hereinfallen, besteht die Gefahr, dass Wissenschaft mit Scharlatanerie und Werbung vermischt wird - sei es für Aspirin plus C oder wirkungslose Krebsmedikamente.
Ausgerechnet in Zeiten von Fake News, Propaganda und Gegenpropaganda, in denen die Menschen nach Halt und Wahrhaftigkeit suchen, hat ein Teil der Wissenschaftswelt begonnen, sich von der Wirklichkeit abzukoppeln. Ausgerechnet in der Wissenschaft, für viele eine der letzten Bastionen der Glaubwürdigkeit, ist eine Industrie der Irreführung entstanden.
Dennoch sollte man sich hüten, nun den Begriff "Fake Science" zu verbreiten, findet Robert Gast in einem kritischen Kommentar auf Spektrum.de.
Quelle: Patrick Bauer, Till Krause, Katharina Kropshofer, Katrin Langhans und Lorenz Wagner Bild: Francesco Ciccolella projekte.sueddeutsche.de
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Das ganze ist vielschichtiger als es der Artikel nahe legt. Jenseits dieser fakejournals gibt es einen immer schärferen Wettbewerb der Verlage. Dazu gehört auch, dass man in vielen Redaktionen bemüht ist, an Leithammeln wie Nature oder Science auch dadurch Anschluss zu finden, dass man ein gewisses experimentelles Aufrüstungsniveau für unumgänglich hält, um veröffentlicht zu werden. In diesem Prokrustesbett sterben allerdings dann auch Einreichungen mit sehr solider Wissenschaft. Weil aber irgendwelche “Omic”-Untersuchungen fehlen , nicht immer gleich Zugang zu neuestem en Vogue Equipment möglich war, finden viele solide Beiträge keine Gnade in den Redaktionen. Die sehen sich durch den unseligen Impactfaktor ihrerseits dazu gezwungen am Ende den Säuen, die sie selber losgelassen haben, hinterher zu rennen. Damit verbunden ist eine größere Uniformität. Das hat bereits dazu geführt, dass man bei der Zulassung für Medizinprodukte berechtigterweise fordert für die Risikoanalysen sich eben nicht mehr auf nur high impact Journals zu verlassen. In denen wird gerne über Erfolge geredet, aber wenig über gescheiterte Experimente. So etwas findet man mit höherer Quote bei Journals mit geringerem Impactfaktor oder gar ohne Peer Reviewing. das ist nicht Verdienst dieser Journals, sondern Resultat dieses im Grunde unwissenschaftlich zustandekommenden Ausleseprozesses.
Bei dem die Reviewer, dh Wissenschaftler aus der Community, selbst ihren Beitrag geleistet haben. Und sich erst langsam über die fatalen Folgen klar werden.
Danke, Christoph, für die Links und die größere Perspektive, die in meinem Teaser nicht Platz gefunden hätte. Das Problem der großen kommerziellen Wissenschaftsverlage ist natürlich wirklich ein Problem, das immer wieder thematisiert werden sollte. Aber wenn eigentlich erfreuliche Lösungsansätze wie Open Access nun von den predatory journals auf eine solche Weise missbraucht werden, bin ich dem Rechercheteam sehr dankbar für die Aufklärung. Von der Ahnungslosigkeit der dargestellten Wissenschaftler war ich, ehrlich gesagt, schon ein bisschen entsetzt. (Na ja, sicher hätte man auch ganz viele finden können, die über die Ahnungslosigkeit der Kollegen den Kopf schütteln).
Mit der "Qualitätskontrolle" meinte ich übrigens nicht das kommerzielle Veröffentlichungswesen in seiner heutigen Form, das selbstverständlich nicht Jahrhunderte alt ist, sondern das schlichte Prinzip der Begutachtung durch Fachkollegen. Auch peer-review hat natürlich Nachteile, aber wie wollte man es ersetzen? Sicher nicht durch das Weglassen eine solchen Kontrolle wie bei den Raubverlagen.
dies ist ein wichtiger piq, birgit, und ich bin froh, daß die recherche-arbeit von SZ/WDR/NDR in den letzten tagen reichlich durch die presse ging (sogar im rbb/inforadio). ohne die journalistische recherche-arbeit inklusive "selbst-versuch" infrage stellen zu wollen, ganz im gegenteil, blieb mir doch in der vermittlung durch die presse einiges außen vor, was ich als praktizierender + publizierender naturwissenschftler (biochemie/molekular- und mikrobiologie) gut genug kenne, und was für die vermittlung an die interessierte öffentlichkeit dringend mit dazu gehört. und was dir als studierter biochemikerin auch vertraut sein sollte. ich verweise einfach mal auf einen artikel im 'guardian' von 2017 (www.theguardian.com/sc......). nach der lektüre könnte man auf den gedanken kommen, daß es mehr als eine sorte "predatory publishers" gibt, inklusive der beiden wichtigsten wissenschaftsverlage, Elsevier und Springer/Nature (nein, nicht Axel Springer). btw: der beabsichtigte "deal" zwischen den deutschen unibibliotheken und elsevier ist gerade letzte woche gescheitert. fragt mal bibliothekar·innen, welche "raubverlage" die größere bedrohung sind!
wenn du in deinem teaser schreibst:"...das jahrhundertealte System der wissenschaftlichen Qualitätskontrolle auszuhöhlen", dann ist das schlicht, pardon, bullshit. erstens ist es nicht "jahrhunderte alt", sondern besteht in der momentan überwiegend praktizierten form nicht mehr als ca. 50 jahre. wenn du daran interessiert bist, die geschichte des wissenschaftlichen publizierens in den naturwissenschaften zu recherchieren, bin ich gern bereit, daran mitzuarbeiten. es ist spannender als jede science fiction story!
auch der verweis auf das peer reviewing ist ein "false flag" ("...dass nur Forschungsarbeiten veröffentlicht werden, die im "Peer-Review"-Verfahren von Fachkollegen geprüft wurden."), denn dieser prozess ist seit einigen jahren heftig in der kritik. die gründe dafür hier aufzuführen würde das textlimit sprengen. ich verweise als teaser auf texte des nobelpreisträgers randy shekman (zum einlesen: interview im SPIEGEL von 2017 www.spiegel.de/wissensch...) oder von roberto kolter und george o'toole (schaechter.asmblog.org/schaechte...).
so richtig es ist, auf die verheerenden folgen für die vertrauenswürdigkeit wissenschaftlicher publikationen (+ tagungen) durch die "raubverlage" hinzuweisen, ist es einigermaßen blauäugig, in der journalistischen vermittlung der recherche nicht darauf zu verweisen, daß das bestehende publikationsverfahren dermaßen rott ist, daß es seit inzwischen mehr als 10 jahren verschiedene initiativen (und journals) zum "open access" gibt (in short: autoren zahlen die publikation, behalten aber das copyright). genau diese "open access" schiene haben windige/findige geschäftemacher ausgenutzt. wer hätte das gedacht.
danke für den verweis auf den kommentar von robert gast!
"Fake Science". Einmal in die Welt gesetzt, immer in die Welt gesetzt. Danke fürs piqen, stimmt nachdenklich!