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Deutschland spricht: Selbstversuch, konstruktiv zu streiten

Barbara Streidl
Journalistin, Musikerin
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Barbara StreidlMontag, 24.09.2018

Über "Deutschland spricht", den Versuch der Zeit-Online-Redaktion, Menschen mit konträren politischen Meinungen ins konstruktive Zwei-Augen-Gespräch zu bringen, haben wir auf piqd bereits berichtet. Ich bin ein Fan von diesem Experiment, weil es anstrengend, unbequem, aber machbar ist. Gerade angesichts dessen, was Bundesinnenminister Seehofer in diesen Tagen so tut und spricht, ist bürgerliches Engagement m. E. absolut notwendig. Ob nun von einem Medienkonzern angetrieben oder nicht - Hauptsache, es wird sich beteiligt, um Brücken zu bauen zwischen "uns" und den "anderen".

Aus der Laudatio unseres Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier:

So kommt es, dass sich gefährliche Zuschreibungen verfestigt haben – ein vielfaches "Wir" gegen "die anderen", die aus Angst oder Überheblichkeit jede Berührung vermeiden.

Ich möchte darüber hinaus einen langen Artikel aus der aktuellen Ausgabe der Zeit empfehlen, der den dreigliedrigen Selbstversuch eines Zeit-Autors beschreibt, eben das zu tun: konstruktiv streiten. Bastian Berbner streitet sich ein kleines Bisschen mit einer jungen Grünen, findet einen, der sich selbst als Nationalsozialisten bezeichnet, gegen seine eigene politische Haltung überraschend sympathisch (den Menschen, nicht dessen politische Einstellung!) und spricht schließlich mit einem Verschwörungstheoretiker.

Der Artikel ist lang und hinter einer Paywall, dennoch sehr lesenswert.

Die Idee, mit anderen, die jenseits der eigenen Filterbubble existieren, zu sprechen, zu diskutieren, ist für mich die Idee des Jahres 2018. Ob das nun im Sinne Hannah Arendts ist (ihr Pluratitäts-Gedanke verfolgt mich in diesen Monaten an vielen Stellen), oder ob es als wissenschaftliche Untersuchung gemacht wird, etwas, das z. B. die US-amerikanische Soziologin Arlie Russell Hochschild in ihrem Bestseller (den ich auch allen mehr als ans Herz lege - komisch, dass ich auf piqd nichts zu dem Buch finde, deshalb verlinke ich zum Deutschlandfunk) "Fremd im eigenen Land" schildert - es ist wichtig. Und in den seltensten Fällen mit einem einzigen Ergebnis zusammenfassbar. So schreibt Russell Hochschild, dass sie die Menschen aus Louisiana, die der Tea Party angehören und ein extrem religiöses Weltbild haben, trotz dieser Unterschiede zu ihrer eigenen Anschauung mochte, ja, dass sie Freunde wurden.

Ein klassisches "Sowohl als auch". Wieder einmal.

Deutschland spricht: Selbstversuch, konstruktiv zu streiten
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