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Kurator'in für: Fundstücke Volk und Wirtschaft Liebe, Sex und Wir Feminismen
Antje Schrupp ist Politikwissenschaftlerin, Journalistin und Sachbuchautorin. Sie beschäftigt sich vor allem mit der politischen Ideengeschichte von Frauen und insbesondere mit feministischer Wirtschaftsethik. Ihr aktuelles Buch "Reproduktive Freiheit. Eine feministische Ethik der Fortpflanzung" erschien 2022. Sie bloggt unter www.antjeschrupp.com.
Der Schweizer Unternehmensberater Reinhard Sprenger kritisiert in seinem aktuellen Buch "Das anständige Unternehmen" die Kontrollflut und Gängelung, die inzwischen in vielen Unternehmen gegenüber den eigenen Angestellten herrscht. Um Kreativität und Eigenverantwortung zu stärken, müsse man die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Erwachsene ernst nehmen und an ihren Projekten arbeiten lassen. Ritualisierte Mitarbeitergespräche, formale Zielvereinbarungen, Zufriedenheitsumfragen und der ständige Blick auf aktuelle Zahlen würden von der eigentlichen Arbeit nur ablenken. "Fürsorglichkeitspolitiken" wie die Gesundheitsförderung oder die Abschaltung von E-Mails am Wochenende hält Sprenger genauso für Quatsch wie das übergriffige "Wir sind eine Familie"-Getue im Stil des Silicon Valleys.
Bei all dem hat Sprenger natürlich recht, und es wäre zu wünschen, dass seine Kritik in so manchem Unternehmen zu einem Umdenken führt. Allerdings klingen seine Thesen ein wenig nach "Früher war alles besser". Doch die Tools, die er zu Recht kritisiert, sind ja mit Gründen entwickelt worden, und einer davon war die Erkenntnis, dass "Anständigkeit" durchaus auch für die Hegemonie einer bestimmten Kultur oder bestimmter Lebensstile stehen kann. Chefs halten die Kompetenz von Menschen, die ihnen von Alter, Aussehen, Habitus und Milieu her ähnlich sind, tendenziell für größer als sie objektiv ist. Das ist kein moralisches Versagen ihrerseits, sondern normale Psychologie. Aber genau deshalb können formalisierte Erhebungen - etwa zur Kundenzufriedenheit - eben durchaus sinnvoll sein, um subjektive Eindrücke einem Realitätscheck zu unterziehen.
Vielleicht verhilft Sprengers zugespitzter Appell ja dazu, eine sinnvolle Balance zu finden und den angesammelten "Managementfirlefanz", wie er es nennt, loszuwerden, die sinnvollen Maßnahmen aber gleichwohl zu behalten. Oder idealerweise zu etwas ganz Neuem weiterzuentwickeln.
Quelle: Mathias Morgentaler, Reinhard Sprenger derbund.ch
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