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Kurator'in für: Fundstücke Volk und Wirtschaft Liebe, Sex und Wir Feminismen
Antje Schrupp ist Politikwissenschaftlerin, Journalistin und Sachbuchautorin. Sie beschäftigt sich vor allem mit der politischen Ideengeschichte von Frauen und insbesondere mit feministischer Wirtschaftsethik. Ihr aktuelles Buch "Reproduktive Freiheit. Eine feministische Ethik der Fortpflanzung" erschien 2022. Sie bloggt unter www.antjeschrupp.com.
Eine jetzt veröffentlichte Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt, wie ein unübersichtlicher Kuddelmuddel aus Steuern, Sozialabgaben und staatlichen Unterstützungsleistungen bewirkt, dass sich für Menschen mit niedrigem Erwerbseinkommen das Arbeiten gar nicht lohnt. Ihr Lohn geht teilweise komplett dafür drauf, dass sie dann mehr Steuern und Sozialabgaben zahlen müssen und andererseits Sozialleistungen wegfallen.
Dieser Artikel aus der FAZ hat über das Thema schon vorab berichtet. Interessant ist die Grafik des "sozialen Sägeblatts", die zeigt, wie enorm sich das in den Einkommensgruppen bis 35.000 Euro jährliches Haushaltseinkommen auswirkt, während darüber alles gut ist: Wer gut verdient, darf von jedem zusätzlich verdienten Euro knapp 60 Cent behalten. Wer sehr gut verdient und wer exzellent verdient, auch. Dass es zu diesen Ungerechtigkeiten kam, liegt hauptsächlich daran, dass der Sozialstaat sich seit dem neoliberalen Umbau der 1980er Jahre immer mehr auf harte Armutsbekämpfung fokussiert hat, die Absicherung des unteren Mittelstandes vor einem sozialen Abstieg hingegen nicht mehr als seine Aufgabe begreift (das war die wesentliche Motivation für Hartz IV).
Skeptisch macht mich deshalb der Fokus auf die "Leistung", die sich lohnen müsse, zumal wenn wie in der FAZ versprochen wird, man könne hier eine gerechtere Umverteilung ohne zusätzliche Kosten hinbekommen. Rein logisch gibt es ja zwei Möglichkeiten, mit dem Problem umzugehen: Man kann den Armen Sozialleistungen streichen, damit sie deutlich schlechter dran sind als die Geringverdienenden und deren "Leistung" sich also wieder lohnt. Oder man kann die Geringverdienenden von Abgaben entlasten - dann wird man aber an anderer Stelle Einnahmen generieren müssen, und das geht wohl nur über mehr Abgaben bei den Reichen.
Ich fände das ja richtig. Aber ich fürchte, das politische Klima steht momentan eher auf Lösung eins.
Quelle: Dietrich Creutzburg, Manfred Schäfers Bild: dpa faz.net
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Es gibt schon noch mehr Möglichkeiten für die Gegenfinanzierung, als es nur bei "den Armen" oder "den Reichen" zu holen. Wie wäre es mit der Streichung von Subventionen für die obere Mittelschicht (Ehegattensplitting, Kindergeld ohne Bedürfnisprüfung, Pendlerpauschale, etc.) oder für Unternehmen und Selbständige (warum zahlen Anwälte und Architekten keine Gewerbesteuer??). Etwas mehr Phantasie! Denn weder bei "den Armen" noch bei "den Reichen" ist viel zu holen. Die einen sind zu arm, die anderen zu wenige, um den Staatssäckel wirklich fett zu machen.
Für Freiberufler, die nicht in die Künstlersozialkasse oder ähnliche Systeme aufgenommen werden, greift die unangemessene Belastung noch weit jenseits der 35.000€ Jahreseinkommen. Wer beispielsweise 4.000€ monatlich verdient, zahlt alleine für Kranken- und Pflegeversicherung monatlich um die 700€ (steuerlich absetzbar sind 2.800€ - im Jahr). Wer dann noch privat fürs Alter vorsorgen möchte (bzw. muss) und sich vielleicht noch etwas unglücklich anstellt bei der Lohnsteuererklärung, bleibt am Schluss mit einem monatlichen Nettoeinkommen von deutlich unter 2.000€ zurück. Das ist jetzt zwar weit von einem prekären Einkommen entfernt aber unangemessen bleibt die Belastung dennoch. Ab einem monatlichen Einkommen von 4.350€ entspannt sich die Situation dann auch bei den Freiberuflern deutlich, da die Abgaben für Kranken- und Pflegeversicherung nicht weiter ansteigen.
Danke für diesen piq!
Und ich fürchte, dass auch das allgemeine gesellschaftliche Klima eher der ersten Lösung zugewandt ist. Die Heitmeyer-Studien haben ja über Jahre hinweg einen Anstieg der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit gegenüber den »Nutzlosen« und »Ineffizienten« – also in erster Linie ALG2-Empfangende – aufgezeigt (https://www.uni-bielef...). Auch die Mitte-Studien bestätigen diese Entwicklung immer wieder (http://www.fes-gegen-r...). Der »Jargon der Verachtung«, der im Kontext der Hartz-Reformen besonders von der Politik forciert wurde (»Parasiten«, »Spätrömische Dekadenz«, »Wer nicht arbeitet soll auch nicht essen!« etc.) ist gesellschaftlich weitgehend normalisiert. In diesem Klima wird es für Viele schon als Zumutung empfunden, dass die Sozialleistungen regelmäßig an die erhöhten Lebenshaltungskosten angepasst werden. Mit Solidarität gegenüber den Empfängern von Transferleistung – seien es Langzeitarbeitslose oder so genannte »Aufstocker« – ist politisch zur Zeit kein Blumenstrauß zu gewinnen.