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Literatur

Mein kleiner Buchladen – Debüts: Die Ambassadorin

Mein kleiner Buchladen – Debüts: Die Ambassadorin

Anne Hahn
Autorin und Subkulturforscherin
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Anne HahnDonnerstag, 06.08.2020

Kurz nach dem Feuerwehrhaus mache ich Rast, um einen Schluck Wasser zu trinken. Neben dem Gebäude steht eine Skulptur, die den heiligen Sebastian zeigt. Dem Märchen nach war dies ein mailändischer Wichtigtuer, der ungefragt allen von ihm als notleidend eingestuften Menschen seine Hilfe in Form von unfundierten Ratschlägen aufdrängte. Irgendwann hatten die Leute genug von der Nervensäge, er wurde zum Tode verurteilt und von numidischen Bogenschützen gefesselt mit mehreren Pfeilen durchbohrt.

Hugo Navratil ist in seinem Heimatdorf gefangen. Aus Berlin zur Beerdigung seines Großvaters ins Burgenland gereist, kommt er so schnell nicht wieder weg. Der Mutter ist ins Bein geschossen worden. Hugo streift durch die Gegend, macht sich Gedanken über den heiligen Sebastian, seinen Zieh-Großvater Beppo und die beiden Damen, die vorgeben, entfernte Verwandte zu sein. Die ältere von ihnen warnt Hugo vor übermäßigem Genuß des einheimischen Gebräus "Sturm" und beide stellen Fragen nach dem Verbleib einer antiken Büchse.

Sebastian Janata hat mich mit seinem Roman-Debüt begeistert. Die gewöhnlich klingende Rahmenhandlung (Held/Heldin kommt ins Dorf der Kindheit und entdeckt Geheimnisse) wird schnell gesprengt, schon in der zweiten Episode schlitzt ein Keiler Beppos Hund Hexi auf, der kleine Hugo heult sich die Seele aus dem Leib. Verschränkt erzählt der Autor von den letzten Lebenstagen Beppos, dem Heranwachsen Hugos (welches seinem eigenen ähnelt) und seinem Aufenthalt im Dorf.

Bei der Hinrichtung versagten allerdings alle verantwortlichen Männer auf ganzer Linie, indem erstens die Schützen nicht richtig trafen, so dass Sebastian überlebte, und zweitens der zuständige Principalis dies nicht einmal bemerkte. Der Totgeglaubte, den man liegen gelassen hatte, auf dass sich die Raben an ihm laben sollten, wurde von einer wohlhabenden Frau gerettet, die Mitleid mit dem armen Tropf hatte.

Der 1988 geborene Autor Sebastian Janata debütierte als Schlagzeuger der nach Berlin emigrierten Burgenländer Band Ja, Panik und spielt gemeinsam mit seinem Vater, dem Musiker Herbert Janata, als Worried Man And Worried Boy. Mit seinen Bandkollegen veröffentlichte er nach fünf Studioalben im Oktober 2016 das im Kollektiv geschriebene Buch „Futur II“ im Verbrecher Verlag. Jetzt erschien sein Debüt-Roman. Mit diesem "feministischen Heimatroman", wie ihn die Seite kulturnews bezeichnet, begab sich Janata laut verlinktem Interview auf eine innere Forschungsreise und schimpfte in kleinen Dosen über das Burgenland. "Der große Nestbeschmutzer-Roman von mir kommt erst noch", glaubt er. In der "Ambassadorin" lässt Janata seinen Helden durch die Ödnis stolpern und verstrickt ihn bald in ein thrillerhaftes Szenario. Es geht um eine Verschwörung der Frauen.

In monatelanger Pflegearbeit gelang es ihr, Sebastian zur Genesung zu verhelfen. Sobald sich dieser gesund genug fühlte [...] begann er schnurstracks aufs Neue damit, durch die Stadt zu laufen, Unruhe zu verbreiten und allen Leuten, denen er begegnete, seine Meinungen und Ansichten aufzudrängen, ohne dass diese ihn je danach gefragt hätten. Diesmal machte es die Stadtverwaltung aber richtig und ließ ihm bei einem von der ganzen Stadt gefeierten Spektakel im Circus von groß gewachsenen makedonischen Söldnerinnen mit Keulen den Schädel einschlagen...

Im Burgenland ereignete sich vor langer Zeit ein mysteriöses Männersterben, wie Hugo nach und nach entdeckt, und ein Bund der Ambassadorin streckt seine Fühler aus bis in die Gegenwart. Was haben die beiden mysteriösen Damen damit zu tun, was sein Großvater Beppo und Hugos eigene Schwester? All das erfahrt ihr in diesem aufregenden Buch.

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