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Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte
Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).
Wieder einmal ist Buchmesse in Frankfurt am Main. Und wieder einmal stellt sich die Frage: Wozu Literatur? Eine Antwort gibt dieses unheimliche Projekt:
Es kommt selten bis gar nicht vor, dass ein Verteidigungsministerium ein Literaturprojekt finanziert, das keine kulturelle Begleitmusik ist.
Geheim startete das "Projekt Cassandra" im Jahre 2017; mittlerweile ist es offiziell und es gibt seit 2022 auch einen Newsletter, den man hier bestellen, aber auch herunterladen kann. Besonders der dritte über postheroische Gesellschaften und der Krieg fand ich aufschlussreich.
Der ungewöhnliche Ansatz: Die Analyse literarischer Werke soll helfen, reale Krisen zu entschärfen. Es war der Literaturwissenschaftler Jürgen Wertheimer, der das Projekt 2017 ins Leben rief. Mit einem kleinen Team erstellte er „Emotion Maps“ für die Krisenregionen auf dem Westbalkan, im Maghreb, in Nigeria. Ausgewertet wurden dafür literarische Texte, deren Sprache auf latente Spannungen und Gewaltpotentiale untersucht wurden.
Zum Namen: Apollon, der Gott des Lichts, des Frühlings, der sittlichen Reinheit und Mäßigung sowie der Weissagung und der Künste, verliebte sich in Kassandra, eine der schönsten Frauen des Altertums. Um sie ins Bett zu bekommen, gab er ihr die Gabe, die Zukunft zu erkennen. Als sie sich ihm verweigerte, verfluchte er sie: Ihren Voraussagen wird niemals geglaubt werden. Sie mutierte zu einer tragischen Figur, die die Katastrophen erkennt und benennt, aber nicht verhindern kann.
Vor vierzig Jahren, im Jahr 1983, publizierte Christa Wolf mit "Kassandra", das hier bei Piqd empfohlen wird, eines ihrer besten Bücher.
In einem Kulturfeature stellen Markus Metz und Georg Seeßlen das "Projekt Cassandra" vor:
Mit diesem Frühwarnsystem sollten akute gesellschaftliche Konflikte identifiziert werden, bevor sie in bewaffnete Auseinandersetzungen oder Krieg umschlagen. Im antiken Mythos ist es Kassandra, die vergeblich vor dem Untergang Troias warnt. Ihr wird erst Glauben geschenkt, als es zu spät ist. Lässt sich ihr Schicksal und Fluch durchbrechen? Lässt sich kommendes Unheil tatsächlich erkennen und somit rechtzeitig verhindern?
Quelle: Markus Metz, Georg Seeßlen Bild: WDR 3 Kulturfeature www.ardaudiothek.de
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Sicher kann man auch aus der Literatur, wie aus allen menschlichen Äußerungen, Schlußfolgerungen für die Zukunft ziehen. Insofern ist das sicher eine spannende Idee. Aber es brauchte nicht Christa Wolf um 1983 zu wissen, dass z.B. die DDR auf ein riesiges Problem zulief. Das gilt sicher auch für die Literatur aus und um Ukraine. Ich hab das Feature noch nicht gehört. Erfährt man dort etwas über Methoden und Ergebnisse des Cassandra-Projektes? Was genau machen die da? Statistische Analysen mit KI? Wurde etwa vor dem Ukrainekrieg gewarnt? Die Konflikte waren ja auch ohne Literatur nicht zu übersehen. Also das Unheil war eigentlich klar, wenn man sehen wollte.