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Flucht und Einwanderung

Gestern & Heute: Rassismus und Kolonialismus in der DDR

Achim Engelberg
schreibt, kuratiert, gibt heraus
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Achim EngelbergMittwoch, 04.09.2024

Jede Gesellschaft ist vielfältig. Widerstrebende Bewegungen muss erfassen, wer Geschichte begreifen will. So ist es auch bei der Geschichte der DDR, die wieder im Fokus steht.

Jan Daniel Schubert, Mitarbeiter in der Oral History Forschungsstelle der Universität Erfurt und bei Decolonize Erfurt, beschreibt im Gespräch mit Daniel Schulz die Tage vom 10. bis zum 13. August 1975 in Erfurt als die ersten größeren rassistisch motivierten Ausschreitungen nach 1945 in Deutschland.

Oder ist das nur eine Deutung von heute? Wie erinnern sich die damaligen Arbeiter aus Algerien an die DDR?

Nur ein Teil von ihnen sagt, das war gewaltvoller Rassismus. Ein anderer Teil sagt, Rassismus hätten sie in der DDR nicht erlebt, auch wenn sie die Gewalt schildern. Meist verbinden sie den Begriff Rassismus zuerst mit der exzessiven Gewalt der französischen Kolonialherrschaft. Oder mit rassistischen Zuschreibungen zwischen verschiedenen Gruppen in Algerien. Ohne ihre Perspektive zu negieren, stelle ich auf einer analytischen Ebene fest, dass das, was 1975 in Erfurt passiert ist, auch Rassismus war.

Solche Ambivalenzen findet man ebenso auf anderen Gebieten - so bei der intellektuellen Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus. Zur Zeit der Ausschreitungen schrieb Uwe Timm "Morenga" (hier eine Buchbesprechung, hier ein Link zum yourbook.shop), der heute der klassisch gewordene postkoloniale Roman der alten Bundesrepublik ist, den es heute in einer Neuedition mit einem Vorwort von Robert Habeck gibt. 

Titelgestalt war der markante Anführer des Aufstands der Herero und Nama in Deutsch-Südwestafrika. Eine der ersten quellengestützten deutschen Arbeiten über diesen Kämpfer gegen den Kolonialismus verfasste Horst Drechsler, der als sogenannter Mischling die Nazi-Diktatur überlebt hatte, in den 1967 erschienenen bahnbrechenden Afrika-Studien, die Walter Markov in der DDR herausgab.

Hier war die DDR viel weiter als die alte Bundesrepublik.

Doch nicht genug: Der Erzähler Uwe Timm reiste in die DDR, schrieb seinen Roman noch als Mitglied der DKP, einer Partei, aus der er aber wegen deren unkritischen Haltung gegenüber der ostdeutschen Diktatur bald austrat. Später verfilmte Egon Günther, einer der wenigen DDR-Regisseure von Weltrang, nachdem er nur noch im Westen arbeiten konnte, das Buch – 1984 für den WDR.

Gestern & Heute: Rassismus und Kolonialismus in der DDR

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