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Kurator'in für: Technologie und Gesellschaft Medien und Gesellschaft Klima und Wandel
Irgendwas mit Medien seit 1996, Typograph, Grafiker, Blogger. Ask me anything.
Jonathan Haidt, dessen Arbeit ich unter anderem hier auf Piqd seit längerer Zeit beobachte (etwa hier, hier und hier), hatte vor einigen Monaten in einem langen Artikel dargelegt, warum die Sharing Mechanismen der sozialen Medien seines Erachtens nach weltweit Vertrauen in Institutionen erodieren lassen, unsere tribalistischen Impulse befeuern und damit die Grundprinzipien unserer Demokratie angreifen. Hier mein piq zu diesem Artikel, der von der Piqd-Redaktion auch ins Deutsche übersetzt wurde.
Nun legt Haidt nach und antwortet in einem neuen Text ausführlich auf die (in meinen Augen nur oberflächlich argumentierenden) Kritiker seiner Argumentation, vor allem auf die Gegendarstellungen von Pratiti Raychoudhury, Vizepräsidentin und Head of Research von Meta/Facebook. Raychoudhry und Meta ziehen sich auf den Standpunkt zurück, dass die Ergebnisse der Forschung zur Auswirkung von sozialen Medien auf den demokratischen Diskurs umstritten sei und man zu diesem Zeitpunkt nicht sicher sagen könne, wie toxisch die Wirkung sozialer Medien im Diskurs tatsächlich ausfällt.
Raychoudhry erwähnt an dieser Stelle nicht, dass das Unternehmen der Wissenschaft oft nur unzureichende Daten zur Verfügung stellt und der Forschung den Zugang zu Datensätzen entzieht, was eine wirklich detaillierte und zeitnahe Forschung zu einem Thema wie Viralität praktisch verunmöglicht. Forderungen nach Datentransparenz kommt das Unternehmen nur schleppend nach und erst die Veröffentlichungen der Facebook Papers durch die Whistleblowerin Francis Hagen konnte ein genaueres Licht auf die Konsequenzen der Praktiken des Unternehmens werfen. Über Datentransparenz für Wissenschaftler verliert Metas Vize in ihrer Antwort auf die berechtigten Sorgen eines der bekanntesten Sozialpsychologen der Welt kein Wort.
Ich verfolge die Auswirkungen sozialer Medien auf die menschliche Psyche seit circa 2012, als ich beobachtete, wie der damals aufkommende Clickbait-Journalismus es sozialen Medien ermöglichte, die Psychologie des Menschen in nie gekanntem Ausmaß auszubeuten und mit einfachen Tricks die Wahrnehmung der Menschen zu manipulieren. Ich gebe Jonathain Haidt nicht nur Recht, ich befürchte sogar, dass die Situation weitaus dramatischer ist, als es der Psychologe in seinen Artikeln darstellt.
Während die Apologeten der digitalen sozialen Medien nicht müde werden zu betonen, dass Studien die Existenz von Filterbubbles verneinen würden und Echo Chambers durchlässig seien, zeigt sich im Gesamtbild, dass genau diese Faktoren die Viralität von Aggression und Tribalismus steigert. Ja, soziale Medien sorgen dafür, dass wir mehr Inhalte des politischen Gegners sehen, aber wir benutzen diese Inhalte nicht etwa dafür, um unsere Haltung zu überdenken und differenzierte Schlüsse zu ziehen, sondern wir benutzen die Inhalte der anderen Seite dazu, um sie zu diffamieren, uns über die Idiotie der Anderen lustig zu machen und damit Karma Points in Form von Likes und Shares zu sammeln. Dieses Spiel aus politischem Gossip wird vor allem von politischen Akteuren in industriellem Umfang betrieben, die öffentliche Meinung wird zum Spielball digital manipulierbarer Kräfte.
Und als wäre dies noch nicht schlimm genug: Virale Häme, Aggression und Spott in sozialen Medien sorgen dafür, dass wir uns dabei wohl fühlen. Als weiteres Puzzle-Piece verlinke ich an dieser Stelle noch eine Studie, die belegt, dass die sogenannten Dark Triad Traits der menschlichen Psyche mit autoritären politischen Haltungen auf beiden Seiten korreliert.
Um ein wirkliches Bild der Situation bekommen, sollte man sich an dieser Stelle zusätzlich ins Gedächtnis rufen, dass eine der gängigsten digitalen Kulturtechniken sozialer Medien bislang nicht oder nur unzureichend Einzug in die wissenschaftlichen Untersuchungen von Viralität findet: Wir teilen die Inhalte der anderen oft als Screenshot in Form einer Bilddatei, die nicht durch textuelle Analyse erfasst wird.
Dies sind nur eine Handvoll von Details, die bereits ein haarsträubendes Bild von der Auswirkung sozialer Medien auf die dunkleren Seiten der menschlichen Psyche werfen, weiterhin wären die mutmaßlichen Effekte von Viralität auf sozial wirksame Ausschüttungen des Hormons Oxytocin zu nennen und die damit verbundene wirtschaftliche Ausbeutung menschlicher Empörungs- und Erregungspotenziale oder etwa die Gamifizierung des politischen Diskurses, dessen neue Spiel-Mechaniken nun auch Auswirkungen auf die Wahrnehmung der Realität zeigt, oder die dramatischen psychologischen Folgen der Content-Moderation auf Angestellte, deren Arbeit darüber hinaus massiv unterbewertet ist, oder die verzerrte Körperwahrnehmung durch soziale Vergleichsmöglichkeiten auf Instagram und die damit einhergehende digitale Dysmorphie, oder die emotionale Ansteckung mit nicht-funktionalen Ticks. Von den bekanntesten Phänomenen wie dem allseits beliebten und vor allem in der sogenannten "Netzcommunity" schöngeredeten "Trolling", also der vernetzter Schwarm-Psychopathie oder stochastischen Terrorismus durch virale Paranoia habe ich hier noch gar nicht angefangen.
Ich bin daher in persönlichen Betrachtungen dazu übergegangen, soziale Medien mit psychoaktiven Drogen zu vergleichen, die unsere Psychologie aufgrund vernetzter Sozialität mit Hormonausschüttungen manipuliert, genau wie etwa XTC Serotonin und Dopamin ausschüttet. Der Vergleich mag extrem wirken, aber in meinen Augen erfordern die mannigfaltigen und stellenweise extremen Effekte sozialer Medien ein passendes Bild. Psychoaktive Drogen als Metapher für hypersoziale Medien erscheinen mir dafür mehr als geeignet.
Wie schädlich sind soziale Medien also wirklich? In meinen Augen: Sehr.
Quelle: Jonathan Haidt Bild: Katie Martin EN www.theatlantic.com
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interessanter Gedanke: soziale Medien als Droge. wie so oft dürfte die Wahrheit in der Mitte zwischen Extremen liegen. ganz abgesehen davon dass auch Drogen kontextabhängig gefährlich aber auch potentiell hilfreich sein können.
Vielleicht sollten wir präzisieren:
nicht die Sozialen Medien sind wie Drogen - sondern bestimmte Formen und Formate. Clickbaiting, Like-Button, schnellstes Teilen, Nachrichten an sich etc.
Letzteres auch außerhalb der Neuen Medien:
Nachrichten liefern per definitionem Neuigkeiten, schlechte Neuigkeiten und zwar kurioserweise WEIL wir Menschen mehrheitlich "gut sind" und Negatives immer mehr Aufsehen erregen desto weniger Negatives geschehen ist.
(diesen Effekt fasst Rutger Bregman in "Im Grunde gut" in Worte.)
und diese Auswüchse bzw. negativen Aspekte von Medien kann man angehen.
Sind es nicht eher die schlecht funktionierenden Institutionen selbst, die unser Vertrauen in sie erodieren lassen? Und ist Protest dagegen nicht die Grundlage der Demokratie? Es mag ja die Politiker und sonstige verantwortliche Akteure beruhigen, dass nicht sie Schuld sind und sonst alles halbwegs in Ordnung ist. Wenn es denn nicht diese bösen Plattformen gäbe.