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Klima und Wandel

Wie die EU an die Landwirtschafts-Emissionen herangeht

Dominik LennéMontag, 29.07.2024

Nach dem Start des EU-ETS 2¹ wird die Landwirtschaft der einzige Sektor der EU-Wirtschaft sein, der keinerlei wirksamer Treibhausgas-Emissionsbegrenzung unterliegt. In einem kürzlich veröffentlichten Forum-Pick wurde auf den Erfolg der dänischen Regierung eingegangen, eine Emissionsbepreisung ab 2030 national einzuführen - in diesem Pick geht es um die Perspektiven, Ähnliches in der ganzen EU zu tun.

In dem Podcast spricht Sam Morgan von foresightmedia.com, einem UK-basierten Anbieter von hochkarätigem Klimajournalismus, mit Krystyna Springer vom Brüsseler Thinktank "Institute for European Environmental Policy" (IEEP).

Die EU möchte das "polluter pays"-Prinzip auch auf die Landwirtschaft anwenden, um einen wirtschaftlichen Anreiz für Emissionsminderung zu setzen. Von den drei Möglichkeiten Vorschriften, Steuern und Emissionshandel erwartet man von der Letzteren den geringsten politischen Widerstand und den eindeutigsten realen Effekt. Das IEEP hat im Auftrag der Europäischen Kommission eine 320-seitige Studie² erstellt, die fünf Bepreisungsoptionen untersucht und vergleicht. Eine weitere Studie wird in Kürze folgen.

Im Podcast werden die verschiedenen Aspekte beleuchtet, die bei der Entwicklung eines ETS für die Landwirtschaft zu beachten sind:

  • Motivation: Die politische Rechtsbewegung in der EU ist nicht zuletzt durch eine gewisse Weigerung gekennzeichnet, die globale Erwärmung als sich entwickelnde Krise aufzufassen, die jetzt Veränderungen erfordert. Diese Rechtsbewegung sei in Dänemark schwächer als anderswo (was u.A. hier analysiert wurde), was möglicherweise zum Erfolg beim Kompromiss der Emissionsbepreisung dort beigetragen hat. 
  • Praktikabilität: Die logische Maßnahme, eine sinkende Emissionsobergrenze, vulgo Emissionshandel, auch für die Landwirtschaft einzuführen, ist deutlich schwieriger als im Rest der Wirtschaft. Das EU-ETS deckt Energiewirtschaft und Großindustrie ab - das sind gut organisierte Firmen, die bereits vorher über Strukturen zur Erfassung ihrer Energie- und Materialströme verfügten und diese nur erweitern mussten. Ähnliches gilt für das EU-ETS 2, wo nicht der einzelne Konsument, sondern die großen Kraft- und Brennstoffhandelsfirmen Zertifikate kaufen und entwerten müssen ("Upstream"-Prinzip). In der EU-Landwirtschaft hingegen arbeiten mehr als 9 Millionen Betriebe, von denen über 60 % kleiner als 5 ha sind (Quelle). All diese müssen im Falle eines Emissionshandels an ein einfaches System zum Kauf, Verkauf und Entwertung von Zertifikaten angeschlossen werden.
  • "MRV": hinter dieser Abkürzung verbirgt sich der Kern jeder Emissionsbepreisung: "measurement, reporting and verification". Werden sie auf dem Hof erfasst, müssen eine Menge Größen berücksichtigt werden. Nicht nur CO₂ spielt eine große Rolle, sondern auch Methan und Stickoxide. Deren Emissionen hängen in komplexer Weise von Tierart, Futter, Wetter, Boden, Zeitpunkt, Dosierung von Düngung &c ab. Das bedeutet höheren Erfassungsaufwand und Unsicherheiten. Und wenn wir uns die teilweise bedrohlichen Proteste radikaler Bauern des letzten Jahres anschauen, so ist "uferlose Bürokratie" einer der Hauptklagen. Sie hängt zwar zusammen mit den Nachweisanforderungen der EU-Agrarpolitik (die die EU nun vereinfachen will)³, würde aber bei einer Emissionsbepreisung weiter zunehmen. 
  • Vielfalt der Ziele: Es geht nicht nur um die Emissionen, sondern auch um Ernährungssicherheit, Biodiversität und nicht zuletzt das Einkommen der in der Landwirtschaft Tätigen in einem Sektor, der starkem globalem Wettbewerb ausgesetzt ist. 
  • Vielfalt der Stakeholder: nicht nur sind die Bauern in kleine, mittlere und große geteilt, die keineswegs die gleichen Interessen haben, sondern auch in Bio- und Nicht-Bio-Betriebe, sowie in ärmeren oder reicheren Staaten lebend. Dazu kommen die Bauernverbände, die verarbeitenden und handelnden Firmen und die Konsumenten.

Krystyna Springer sagte, dass es frühestens Ende der 2030er Jahre zu konkreten Maßnahmen in der Richtung kommen werde. Aber der Denkprozess hat begonnen. In zehn Jahren werden wir höchstwahrscheinlich noch deutlichere Folgen der Erwärmung gesehen haben - was einen Einfluss auf die Motivation haben dürfte. 

Ich könnte mir auch vorstellen, dass mit zunehmender Digitalisierung der Aufwand für die Erfassung von Eingangsgrößen sowie für Kauf, Verkauf und Entwertung von Zertifikaten radikal reduziert werden kann. 




Anmerkungen

¹ Das EU Emissions Trading System 2 (EU-ETS 2) wird eine jährlich sinkende Obergrenze für die CO₂-Emissionen aller Kraft- und Brennstoffe einführen, die nicht vom EU-ETS abgedeckt sind, d.h. die außerhalb von grob 15.000 großen industriellen Anlagen und Kraftwerken entstehen. Eine Grafik des geplanten Emissionsverlaufs findet sich hier.

² Die Studie ist für Interessierte sehr interessant. Die untersuchten Optionen sind: 1. Auf-dem-Hof-Erfassung aller Emissionen, 2. Auf-dem-Hof-Erfassung nur der Viehhaltungsemissionen, 3. Auf-dem-Hof-Erfassung nur der Emissionen durch Feuchtgebiete, bzw. deren Trockenlegung, 4. "Upstream"-Erfassung der Dünge- und Futtermittelströme beim Händler, der dann die Zertifikate kaufen müssten, 5. "Downstream"-Erfassung bei den Fleisch- und Milch-Weiterverarbeitern bzw. Importeuren, die in Zertifikatspflicht wären. 

³ Siehe etwa "The Effect of Administrative Burden on Farmers’ Perceptions of Cross-Compliance-Based Direct Payment Policy" - und "Simplification survey sheds light on the specific issues faced by farmers across the EU" - EU-Kommission 04, 2024.

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