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Kurator'in für: Pop und Kultur Fundstücke Medien und Gesellschaft
Freier Journalist in Hamburg. Liebste Arbeit: Interviews führen; übelste Arbeit: Interviews abtippen.
Flohwalzer-Virtuose. Erste selbstgekaufte Kassette: Roxette - "Tourism". Krautrock, afrikanischer Blues und Souljazz waren da noch fern. Schätzt "Handgemachte Musik", und hört natürlich trotzdem HipHop, Dub und Ambient.
BvSB. Benjamin von Stuckrad-Barre. Zum mittlerweile 46-jährigen ("erst?", dachte ich beim Googeln) "Pop-Autoren" ist eigentlich alles gesagt. Trockener Alkoholiker. Springer-Freund. Lindenberg-Hardcore-Fan.
Sein literarisches Schaffen hat Jan Brandt in diesem piq schon vor fünf Jahren bestens analysiert, von "Soloalbum" ("Schale Witze, unangenehmes Bescheidwissertum, auf Pointen hingeschrieben"), über "Was.Wir.Wissen." ("Ein Buch voller Listen, die nur ein Kokskopf erstellt haben konnte") bis hin zu "Panikherz" ("Selbsterhöhung, Selbstbestätigung, Egofest, der eigene Untergang als großes Drama").
Vorbild und Nemesis von Generationen
Sein "dahingelabertes" (O-Ton FAZ) neues Buch mit Martin Suter nahm das Magazin Galore zum Anlass, eine Titelstory zu bringen (hinter der Bezahlschranke). Autorin Julia Friese konfrontiert BvSB mit der Feststellung: "eine ganze Generation von Autorinnen und Autoren wird von Ihnen heimgesucht, Sie sind deren Vorbild und Nemesis."
Er sei wütend geworden, als Sie ihm bescheinigte, sein Männer-Buch voller "ironischer Uneigentlichkeiten" würde dem Zeitgeist hinterherhängen, schreibt Friese nun auf Facebook (unten gepiqd). Und führt in dem Post aus, sie sehe in der öffentlichen Figur BvSB
eine der Galionsfiguren des male white Hedonismus-Pop. Die Default-Einstellung der letzten Jahrzehnte. Eine verkrustete Grill-Royal-Panade, unter der sich die männlichen Seilschaften winden. Ihr Knotenpunkt: die Thomas-Gottschalk-Vergötterung. Halbironisch natürlich. Aber auch total ernst, weil man im Grunde nichts mehr will, als so geliebt werden wie die weißen BRD-Haushalte Gottschalk liebten.
Im Interview streitet BvSB ab, dass es ihm nur um Glamour geht – und gibt der Autorin anschließend die "ästhetische Empfehlung", nicht die Formulierung "Stand jetzt" zu verwenden.
Friese ist im Nachhinein sauer:
Wenn ich wütend auf "BvSB" bin, bin ich wütend auf mich. ... Dachte ich müsste Tempo-Kracht-Stuckrad-Barre imitieren, um Autor (sic) sein zu können. Unterbewusst hatte ich verinnerlicht, dass man die Aura des "Gehobenen" braucht, um "gehobenen" Texte schreiben zu können. Stand jetzt: ein Riesenirrtum.
Und jetzt ihr: Muss man 2021 noch über BvSB diskutieren?
Quelle: Julia Friese www.facebook.com
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Danke für den Piq! Sympathisch fand ich ihn auch nie, literarisch aber schon stark, insbesondere das erste Remix-Buch. Aber wäre vielleicht nochmal ein guter Zeitpunkt, es nochmal zu lesen und meine Meinung zu überpürfen.
Einige Fragen zum Piq: warum wirft man ihm gleichzeitig "unangenehmes Bescheidwissertum" vor, aber gleichzeitig, dass er aus dem Zeitgeist gefallen sei, schließt sich das nicht aus? Und ist es nicht eigentlich unangenehmes Bescheidwissertum, zu wissen (und zu bestimmen), was der Zeitgeist sei?
Was bedeutet für dich "Männer-Buch"? Ist es 1. weil es von einem Mann geschrieben worden ist oder 2. weil es für Männer geschrieben worden ist? Gehst du dann davon aus, dass die vielen Leserinnen von BvSB blöd sind, weil sie eben ein Männer-Buch lesen? Und vielleicht macht es auch mal Sinn, nicht essenzialistisch von Männern zu reden, weil du ja sicherlich auch der Meinung bist, das Männlichkeit ein soziales Konstrukt ist.
Finds auch schade, dass du dich über Leute lustig machst - "Kokskopf" - die mit einer Drogensucht, ergo einer Krankheit, zu kämpfen hatten und daran fast abgekratzt wären. Und den eigenen Untergang als Drama zu inszenieren ist doch wohl eines DER häufigsten Stilmuster in Literatur, egal welchem Geschlecht man sich zugehörig fühlt.
Hatte wirklich auf ne gut geschriebene Character-Assasination gehofft.
Dass BvSB einer der unsympathischsten Personen ist, die die Autorin je interviewt hat, wundert mich wenig – ahnt man, wenn man das Werk kennt. Andererseits auch eine Leistung, wenn man am Kürzel des eigenen Namens erkannt wird. „ Galionsfiguren des male white Hedonismus-Pop“ trifft beides gut. Frage: Ist es fair, einen Interviewpartner im Nachhinein auf Facebook niederzumachen?