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Pop und Kultur

Schweigen oder Positionieren? Die Clubszene in Zeiten des Krieges.

christina mohr
Freie Autorin

Geboren in Frankfurt, heute wieder dort lebend und arbeitend - hauptberuflich für einen Sachbuch- und Wissenschaftsverlag, daneben als freie Autorin für Magazine wie Spex, Missy Magazine, Konkret, Die Anschläge, kaput-magazine.com, melodiva.de, culturmag.de.

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christina mohrDienstag, 07.11.2023

Es sind schlimme Zeiten, und es ist verständlich, dass Menschen versuchen, durch Kommentare auf social media oder die Teilnahme an Demonstrationen das Weltgeschehen zu sortieren. Selbst für Expert:innen ist es schwierig, die Angriffe der Hamas auf Israel und Israels militärische Gegenwehr angemessen zu erklären und einzuordnen, erst recht für Laien – weshalb das Vice Magazine vor einigen Wochen "3 Gründe, warum du die Klappe halten solltest" auf Instagram postete. Was scherzhaft klingt, beinhaltet durchaus berechtigte Hinweise. Schließlich begeben sich zurzeit nicht nur Otto und Helga Normal-User:in argumentativ auf dünnes Eis, auch Popstars wie Björk sollten besser kurz nachdenken, bevor sie tendenziöse und inhaltlich fragwürdige Postings absetzen (Björks umstrittenes Posting verlinke ich hier nicht, sucht bei Interesse bitte selbst). Feierte man in den 1980er und '90er Jahren Popmusiker:innen für politisches Engagement, wünscht man sich heute eher, Popstars mögen lieber neue Musik statt strittiger Statements veröffentlichen.

Ebenso irritierend ist der mehr oder weniger unverhohlene Beistand der (vor allem, aber nicht nur) Berliner Clubszene für Palästina – bei gleichzeitigem Schweigen zur Situation israelischer Geiseln und den Gräueltaten der Hamas. So hat das Magazin Resident Advisor die Crowdfunding-Compilation "From The River To The Sea" initiiert, deren Einnahmen schlicht an "Palästina" gehen sollen. Ohne weitere Erklärungen. In Berlin selbst stellen sich nur einige wenige Clubbetreiber:innen wie z.B. vom about // blank entschieden an die Seite Israels – andere fordern mit Regenbogenflagge die Freiheit Palästinas (zu diesem Thema haben Julius Geiler im Tagesspiegel und Dennis Maischen in der Morgenpost geschrieben). Oder äußern sich gar nicht.

Nicholas Potter geht in der taz und in der Jungle World dem Schweigen einerseits, den Aktionen der Clubszene andererseits nach und kommt zu dem deprimierenden Fazit, dass gerade die Rave-Szene sich bewusst gegen Israel stellt. Wie geht es weiter? Wird Ausgehen zum Akt der Bekenntnis? Wie sich die Dinge auch entwickeln werden: Ganz anders jedenfalls, als Madonna es einst mit "Confessions On A Dance Floor" im Sinn hatte.

Schweigen oder Positionieren? Die Clubszene in Zeiten des Krieges.

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Kommentare 3
  1. Fabian Peltsch
    Fabian Peltsch · vor einem Jahr · bearbeitet vor einem Jahr

    Finde es gut, dass Julius Geiler in seinem Beitrag für den Tagesspiegel die Rolle von Expats erwähnt. Ich habe den Eindruck, dass die, zumindest in Berlin, den Diskurs stark mitprägen. Von der Vehemenz und ihrem aus den USA importierten Diskurs-Vokabular scheinen in der Szene viele eingeschüchtert zu sein.

  2. Der Barde Ralph
    Der Barde Ralph · vor einem Jahr

    In welchen Zeiten leben wir, wo die Meinungsfreiheit so ad absurdum geführt wird.
    Ein Großteil der Israelis veurteilt die derzeitige Politik in Israel und wenn ich das in Deutschland mache, ist das fslsch?
    Ich komme aus dem Grübeln nicht mehr raus.

    1. Natalie Mayroth
      Natalie Mayroth · vor einem Jahr

      Zwischen der Verurteilung der Politik der aktuellen Regierung Israels und Boykottaufrufen von israelischen Künstlern (BDS) oder Aussagen wie "From The River To The Sea" ist schon noch ein großer Unterschied.

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