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Pop und Kultur

"Nomadland" & Co. – Der beste Kino-Sommer aller Zeiten

Jan Paersch
Autor für taz, NDR, DLF, Jazz Thing und andere
Zum Kurator'innen-Profil
Jan PaerschDonnerstag, 12.08.2021

Im Kino gewesen. Geweint. Fast zumindest.

"Nomadland" war mein erster Film im Kino seit Oktober; da konnte es mich nur kurz ärgern, dass ich nur noch den allerletzten Platz ganz hinten links ergattern konnte. Hauptsache: Dunkelheit! Sound! Leinwand! Gemeinschaftsgefühl.

Auch Alex Rühle zeigt sich in seinem "Lob der Leinwand" in der SZ begeistert (kostenpflichtig). Er meint: der Corona-Abstand in den Kinosälen entspricht Schopenhauers Distanzideal. Laut dem Philosophen treibt das Bedürfnis aus der Monotonie des eigenen Innern heraus

die Menschen zueinander; aber ihre vielen widerwärtigen Eigenschaften und unerträglichen Fehler stoßen sie wieder voneinander ab. Die mittlere Entfernung, bei welcher ein Beisammensein bestehen kann, ist die Höflichkeit und feine Sitte.

Was man in diesen angenehm halbvollen Sälen erleben kann? Mit Frances McDormand durch Nevada fahren zum Beispiel. Mit "Vor mir der Süden" und Pasolini nach Italien, mit "Der Rausch" und Mads Mikkelsen in Dänemark Dorsche fangen.

Noch einmal Rühle:

So viel Tolles auf einmal gab’s vielleicht überhaupt noch nie. ... Gefühlte 200 Filmstarts alleine von Juli bis September. Fühlt sich an, als dürfte man nach Monaten des tristen Fastens zur Belohnung und zum psychischen Aufpäppeln jeden Tag in ein anderes Dreisternerestaurant.

Trotz aller Melancholie hat mich "Nomadland" vortrefflich aufgepäppelt (störend nur das sentimentale Geklimpere von Einaudi). Chloé Zhaos Film hat sechs Oscars bekommen (einer davon für die brillante Frances McDormand als Nomadin Fern), kein Wunder, dass das semi-dokumentarische Werk auch nach Wochen noch ausverkauft ist. Worum geht's?

In den USA ist eine Schattenwirtschaft von Arbeitsnomaden entstanden: zehntausende Menschen jenseits der 50 haben in der Wirtschaftskrise 2008 ihre Altersrücklagen verloren. Jetzt ziehen sie im Wohnmobil als Saisonarbeiter durchs Land.

"Auf den ersten Blick wirkt das spröde", meint der SWR, es sei ein Sozialdrama, aber auch ein Film über Freiheit und amerikanischen Pioniergeist. Großartige Naturaufnahmen gibt es hier – natürlich. "Nomadland" ist keiner dieser ultrarealistischen US-Indie-Filme, aber auch keine "Romantisierung nomadischer Armut", wie Katja Nicodemus in ihrer schlauen Kritik für die ZEIT schreibt, in der sie auch die Gangart von McDormand analysiert.

Noch nicht gesehen? Dann aber schnell!

"Nomadland" & Co. – Der beste Kino-Sommer aller Zeiten

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Kommentare 1
  1. Evelyn Kuttig
    Evelyn Kuttig · vor 3 Jahren

    Fühle mich deckungsgleich ;-)

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