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Pop und Kultur

Greise Superstars in Arenen – die Zukunft der Livebranche?

Jan Paersch
Autor für taz, NDR, DLF, Jazz Thing und andere
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Jan PaerschDonnerstag, 22.09.2022

Fast, ja fast hätte sich Christoph Twickel Tickets für The Cure gekauft.

Was ist los mit mir? Warum soll ich mir in anonymer Stadionatmosphäre von alten Männern Songs vorsingen lassen, die ich mit 14 aufregend fand? Bin ich weich geworden? Wo ist meine Neugierde hin?

Auch er sei Opfer der Algorithmen, gibt der ZEIT-Autor zu, sie spülten ihm die Musik seiner Jugend in die Kanäle – und ließen ihn die Konzerte interessanter Nachwuchs-Acts ignorieren. Die Livebranche hat ein riesiges Problem: Es kommen nicht einmal halb so viele Leute wie vor der Pandemie, selbst ein Rocko Schamoni (Studio Braun) spielt vor 300 statt 1.600 Menschen. Es blieben vor allem die weg, die vor der Pandemie kulturell experimentierfreudig waren.

Erst im Mai spekulierte ich an dieser Stelle, ob es nun Corona- oder Kriegsangst sein könnte, die die Menschen Kulturveranstaltungen meiden lässt. Aber: Helene Fischer, The Cure oder Bruce Springsteen laufen trotz dreistelliger Preise bestens – offenbar sind die Menschen nicht einfach kulturentwöhnt, sie sind vor allem faul geworden. Twickel:

Die Algorithmen haben zwei Jahre lang ihren Job gemacht, jetzt sind wir träge und nostalgisch. Das Vertraute, Bekannte, die Hits von früher, das fühlt sich so wohlig an.

Club-Schließungen erscheinen auch aufgrund gestiegener Personal- und Energiekosten unausweichlich, und so fordert das Hamburger Clubkombinat Unterstützung der Politik: einen Club-Rettungsschirm bis Ende 2023 und Finanzhilfen für höhere Energiepreise.

Aber vor allem muss das Publikum zurückkommen. Twickel paraphrasiert den alten Spruch der deutschen Umweltbewegung:

Erst wenn der letzte Liveclub geschlossen, die letzte Bookingagentur pleite ist und sich die letzte Newcomer-Band aufgelöst hat, werdet ihr merken, dass Musik nicht bei YouTube oder Spotify entsteht.


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