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Pop und Kultur

Das Telefonbuch singen

Karl Bruckmaier
halbfreier Autor für BR, SZ, Kursbuch

Seit 1978 für die öffentlich-rechtliche Verbreitung lauter Musik zuständig, irgendwie ins Reich des Hörspiels hinübergemorpht, Übersetzer von Bruce Sterling, John Fahey, John Lennon, Leonard Cohen und Jack Womack, Slam-Bringer und Slam-Loser, fanatischer Golfspieler

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Karl BruckmaierSonntag, 18.03.2018

Damned! Ausstellung vorbei, Ausstellung verpasst? Isse nich so schlimme, wie einst der Sänger von The Wirtschaftswunder getröstet hätte. Denn ACCENTISMS, eine Show in der Kunsthalle Tirol, die Ende Jänner schloss, hat ein Vinyl-Baby bekommen: "Singing Yesterday's News Again" von Nicholas Bussmann und Natascha Sadr Haghighian. Als die Innsbrucker Ausstellung noch lief (und zuvor auf der documenta zu Kassel), fingen in einem bestimmten Turnus Musik-Menschen wie Frieder Butzmann oder Lucile Desamory an, Nachrichtentexte zu singen - Kohl, Exxon, Brandstiftung, Wahlen - dabei die Nachrichten von gestern und den Gesang von gestern imitierend, nachäffend, umdeutend. So erhielt das Flüchtige Gestalt, akzentuierte sich neu im Sinne des Ausstellungsthemas, und bekommt nun dauerhaft Form als ein gutes Dutzend Gesangstracks auf einer LP plus beiliegendem Text aus dem Nadeldrucker, ein Booklet, wie es einst Kraftwerk - allerdings damals noch als Synonym für Modernität - ihrer LP "Computerwelt" beigelegt hatten. Wie wohl in der Ausstellung auch, braucht es erst einmal den Willen, das Nervige, wenn jemand quasi etwas so Unpoetisches wie das Telefonbuch oder eben die Nachrichten von gestern singt, zu überwinden. Sich einzulassen, wie es so unschön heißt. Der Lohn dafür sind dann die durch einen ästhetischen Perspektivwechsel gewonnenen Momente einer unerwarteten Schönheit. Denn unser Gehirn sucht ja immer nach Sinn, nach Bekanntem, nach einem Muster. Und so dürfte sich im Kopf eines jeden Hörers - anders, aber doch same same - eine Art dpa-Poesie Bahn brechen, deren Zauber man durchaus verfallen kann. Und wem dies immer noch zu sehr nach Kopfgeburt klingt, der oder die checke Nicholas Bussmanns anderen Output mal aus, als Telebossa, Nicholas Desamory oder Das Kapital Band 1 - satisfaction guaranteed ...

Das Telefonbuch singen

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