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Medien und Gesellschaft

Zur Abschaffung der Literaturkritik

Dirk Liesemer
Autor und Journalist
Zum Kurator'innen-Profil
Dirk LiesemerMittwoch, 27.01.2021

Wenn Medienunternehmen ihr Programm kürzen, wenn es also ums harte Sparen geht, dann werfen sie gerne mit Wörtern um sich, die einem an jeder Journalistenschule ausgetrieben werden. In diesem Bullshit-Bingo ist dann etwa verheißungsvoll von einem "Quality Board" die Rede, als mache man sich nun endlich auf, die Qualität zu entdecken, oder es wird ganz geleugnet, dass es überhaupt einen Abbau gibt, sondern nur "zeitgemäße" und längst überfallige "Anpassungen" und "Weiterentwicklungen".

Im Hörfunk geht es seit einiger Zeit vermutlich keinem Ressort so sehr an den Kragen wie den Literatursendungen. Und dies gelingt den Managern leider auch ziemlich effizient und geräuschlos. Dass Kürzungen grundsätzlich notwendig sind, hat übrigens weniger mit der ostdeutschen CDU zu tun, die kürzlich eine Erhöhung des Rundfunkbeitrages verhinderte, sondern vielmehr mit erheblichen Rentenverpflichtungen der öffentlichen Anstalten.

Gepiqd habe ich hier nun einen Kommentar von Jan Wiele zur Situation der Buchkritik im HR2, beim NDR und nun auch bei WDR3. Anlass für seinen Text ist ein offener Brief im "Börsenblatt", in dem es heißt:

Wenn die tägliche Buchrezension im „WDR3 Mosaik“ wegfällt, bedeutet das: Es werden im Jahr um die 250 Bücher weniger besprochen. Viele Verlage werden mit ihren Büchern im „Kulturradio“ WDR3 gar nicht mehr vorkommen.

Auch Felix Stephan kommentiert das Thema in der SZ (allerdings muss, wer seinen Text lesen will, dafür zahlen): Er macht darauf aufmerksam, dass die Literaturkritik nicht zuletzt in rechte Blogs abwandert, wo sie bereits ausgebaut werde – und er weist auf Folgendes hin:

Dass in Deutschland seit einigen Jahrzehnten kein Diktator mehr gewählt worden ist, hat man sich immer auch mit der Existenz und Beschaffenheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erklärt, der es den Völkischen schwergemacht hat, der ihre Begriffe zu oft hinterfragte, um sie sich etablieren zu lassen. Dort gab es einen Raum, in dem über das Sprechen gesprochen und über das Nachdenken nachgedacht wurde, wo ein zivilisatorisches Sprechen entwickelt und – wie Internet-Unternehmer wie die Samwer-Brüder sagen würden – „skaliert“ wurde.

Zur Abschaffung der Literaturkritik

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Kommentare 2
  1. Dirk Liesemer
    Dirk Liesemer · vor fast 4 Jahre · bearbeitet vor fast 4 Jahre

    Kleiner Hinweis auf das mit Piqd verbundene Portal Mojoreads, das auch ein eigenes Literaturmagazin herausgibt https://literaturmagaz...

  2. Nutzer gelöscht
    Nutzer gelöscht · vor fast 4 Jahre

    Ich ergänze noch aus dem heutigen Buchreport:

    "2020 hatte der WDR bereits den „Literaturmarathon“ des Radiosenders WDR 5 aus dem Programm genommen. Zuvor entschied der Norddeutsche Rundfunk im Mai 2020, die Literatursendung „Bücherjournal“ einzustellen.
    Öffentlich-rechtliche Sendeplätze für Buchthemen gingen in den vergangenen Jahren auch durch die Streichungen anderer ARD-Anstalten wie dem HR oder dem BR Fernsehen („Lesezeichen“, „Lido“, „Südlicht“, „Gottschalk liest“) und dem SWR Fernsehen („Lesenswert Sachbuch“) verloren."

    https://www.buchreport...

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