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Medien und Gesellschaft

Zum Tod von Benedict Anderson: Sein Klassiker "Imagined Communities" ist aktueller denn je.

Frederik Fischer
Mitgründer KoDorf / Summer of Pioneers - Neues Leben und Arbeiten auf dem Land
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Frederik FischerMontag, 14.12.2015

Meistens sind Zufälle in Texten lustig. Dieser war traurig. Ich wollte letzte Woche "Imagined Communities" von Benedict Anderson piqen. Ohne konkreten Anlass. Einfach weil ich diesen Text für geradezu zwingend halte, um zu verstehen, welche tektonischen Verschiebungen Gesellschaften weltweit gerade erfahren und noch lange erfahren werden. Nun gibt es einen konkreten Anlass. Benedict Anderson ist gestorben. 

Aber bevor ich mich in die Schweigeminute verabschiede, hier die ganze dringende Empfehlung, Imagined Communities (nochmal) zu lesen. Anderson wirft darin einen ungewöhnlichen aber überaus erhellenden Blick auf die Entstehung von Nationalstaaten und nationalistischen Bewegungen. 


Der Grund, warum dieser piq in diesem Kanal stattfindet? Laut Anderson fällt das Konzept von Nationalstaaten zeitlich zusammen mit dem Aufkommen von Zeitungen. Im Bemühen, ihre Auflagen zu steigern, druckten die ersten Verleger ihre Zeitungen nicht in Latein, der lingua franca der Gelehrten, sondern in der "Sprache des Volkes". Anfangs erschien jede Zeitung noch im Dialekt des Erscheinungsortes. Schnell aber begann ein Reichweitenwettkampf, in dessen Zuge sich Zeitungen, und damit bestimmte Dialekte bzw. Sprachen, über immer größere Gebiete vereinheitlichten. Der Effekt: Alle Leser einer Zeitung hatten das Gefühl, zum selben Zeitpunkt dieselben Informationen zu haben, und wurden somit als "Gruppe der Wissenden" angesprochen - der Nährboden für Unterscheidungen in "wir" und "die anderen" und damit für den Nationalismus. 


Warum der Text immer noch so wichtig ist? Wir erleben gerade, wie (soziale) Medien alte Grenzen einreißen und viele neue Formen von "wir" und "die anderen" entstehen lassen. Nationalstaaten werden durch diese Neuordnung perspektivisch an Bedeutung verlieren. Bis es schlussendlich soweit ist, bleibt die Bedrohung durch den Nationalismus aber leider sehr konkret. 

Zum Tod von Benedict Anderson: Sein Klassiker "Imagined Communities" ist aktueller denn je.

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