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Ich beschäftige mich seit vielen Jahren journalistisch mit dem Spannungsfeld Medien, Technik und Gesellschaft. Ich habe Krautreporter gegründet, war vorher unter anderem Chefredakteur der deutschen Wired und habe das Digital-Ressort bei Focus Online aufgebaut und geleitet. Ich bin außerdem Gründer und Herausgeber des Journalismus-Thinktanks vocer. Ich mag Gedrucktes und lese trotzdem fast alles digital.
Während wir als Gesellschaft vermutlich erst am Anfang der langfristigen Veränderungen durch die Pandemie des neuartigen Corona-Virus stehen, hat uns die aktuelle Situation schon längst in einen Ausnahmezustand getrieben. Und gerade in Zeiten, in denen die Politik die Lage mit drastischen Eingriffen zu bewältigen versucht, ist es wichtig, dass Journalismus diese Entwicklungen als vierte Gewalt begleitet.
Einen Einblick in die redaktionelle Organisation in Zeiten von Corona bietet Zeit-Online-Chefredakteur Jochen Wegner im Glashaus-Blog, das Transparenz über die journalistische Arbeit seines Mediums herstellen soll. Er beschreibt, wie seine Redaktion im Homeoffice arbeitet und welche Herausforderungen dabei zu bewältigen sind. Zuerst einmal ist das natürlich ein logistisches Problem, Technikstandards, Online-Zugänge, ausreichende Datenverbindungen – und natürlich die mit der dezentralen Arbeitsweise verbundene Frage der digitalen Workflows, die für das Online-Medium sehr viel selbstverständlicher sein dürften als für die Redaktion der gedruckten Zeit.
Den eigentlichen Redaktionsbetrieb organisieren wir schon einige Jahre mit der Kollaborationssoftware Slack. Sie hat in vielen Fällen längst den Gang durch den Newsroom zum Tisch der Kollegin ersetzt – und trägt heute entscheidend dazu bei, dass trotz Isolation kaum zusätzliches Chaos entsteht.
Die viel wichtigere Frage liegt natürlich abseits der interessanten Einblicke in eine virtuelle Redaktionsorganisation und der eher romantisierenden Beschreibung des erzwungenen Homeoffice-Zustands. Sie dreht sich darum, wie gut Journalismus in einer solchen Situation seiner Verantwortung gerecht werden kann. Deswegen ist es gut, dass der Text dies thematisiert – auch wenn er dazu in diesem Rahmen nur wenig Antworten bieten kann. Wegner schreibt zum Beispiel:
Wie so oft sind Live-Medien in einem Dilemma: Wer über Beschlüsse und Aussagen der Regierungen berichtet, macht sich womöglich zum Teil einer intransparenten Agenda. Nicht zu berichten und den Hintergrund zunächst Tage zu prüfen ist, zumal in einer so besonderen Lage, kaum denkbar.
Wie also löst man dieses Dilemma auf, das News-orientierte Online-Medien tatsächlich schon immer haben, aber durch die beschränkenden Umstände der Corona-Krise und der hektischen Nachrichtenlage noch verstärkt wird? Wir werden sehen. Auf einen Ansatz weist Jochen Wegner kurz hin: Seine eigentlich meinungsfreudige Redaktion nehme sich zurzeit etwas zurück und suche "weniger nach originellen Standpunkten als nach Erkenntnis und Evidenz."
Quelle: Jochen Wegner Bild: ZEIT ONLINE zeit.de
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