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Medien und Gesellschaft

Wie berichten über Rechtspopulisten? Jay Rosen zieht Lehren aus Trump, die auch für die AfD gelten

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

Mag es, gute Geschichten zu erzählen.
Mag es, gute Geschichten zu lesen.
Mag es, gute Geschichten zu teilen. Das tut er hier.
Mag es gar nicht, in der dritten Person über sich zu schreiben.

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Simon HurtzSonntag, 12.08.2018

Die Zeit nennt Jay Rosen "einen der führenden Medienwissenschaftler der Vereinigten Staaten". Das kann ich nicht beurteilen. Ich weiß nur, dass er seit Jahren kluge Dinge sagt. Das tut er auch in diesem Interview.

Rosen ist derzeit auf Einladung der Robert-Bosch-Akademie in Berlin und untersucht das Selbstverständnis deutscher Journalisten. Seine Perspektive ist ungewöhnlich und wertvoll: ein Amerikaner, der sich intensiv mit dem deutschen Mediensystem beschäftigt hat, ein Blick von außen, aber dennoch kundig und informiert.

Das erste Drittel des Interviews dreht sich um die Washington Post unter Jeff Bezos. Was danach kommt, finde ich interessanter. Rosen erklärt, warum Trump Journalisten zwingt, Haltung zu beziehen:

Das Herzstück von Trumps Strategie besteht nun darin, den Glauben an eine allgemein anerkannte Faktenbasis zu untergraben. Meine Auffassung ist, dass die Presse sich dagegenstellen muss. Nicht gegen Donald Trumps politischen Erfolg sollte sie arbeiten, sondern gegen die Erosion der Demokratie und der Welt der Fakten. Ich glaube nicht, dass Journalisten dabei neutral bleiben können und einfach weiter ihre Berichte schreiben können.

Der Aufstieg der AfD habe das Selbstverständnis vieler deutscher Journalisten in Frage gestellt. Rosen hofft, dass sie aus den Erfahrungen ihrer US-Kollegen lernen.

Eine Lehre ist: Wer über Rechtspopulismus einfach nur berichtet, wird ein Teil von ihm. (...) Eine andere Mahnung lautet: Weil Trump ein völlig schamloser Politiker ist, ist es unmöglich, ihn mit irgendetwas zu beschämen.

Redaktionen müssten deshalb eine eigene "Reporting Agenda" entwickeln und ihre Themen selbst setzen, statt sie sich von provozierenden Politikern diktieren zu lassen. Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber wenn ich mir die Berichterstattung deutscher Medien ansehe, dann kann sie gar nicht oft genug wiederholt werden.

Wie berichten über Rechtspopulisten? Jay Rosen zieht Lehren aus Trump, die auch für die AfD gelten

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Kommentare 2
  1. Christian Gesellmann
    Christian Gesellmann · vor mehr als 6 Jahre

    Wo hat denn der Aufstieg der AfD "das Selbstverständnis vieler deutscher Journalisten in Frage gestellt"? Wo hat denn die deutsche Presse erkennbar Lehren daraus gezogen, dass sie sich immer wieder zum Marketinginstrument von Rechtspopulisten macht? Und Debatten rassistisch framed? Wenn man gerade nicht Kommentare über Rechtspopulisten schreibt, die Inhaltsleere in den Programmen der AfD nochmal genüsslich vor uns, die das doch alle längst schon wissen, auswalzt, ganze Titelseiten mit Holocaust-Opfern illustriert, weil Gauland was in einem Bierzelt gesagt hat; oder tiefgründig analysiert, wer gerade wieder was retweetet hat und welches Weltbild sich aus dessen Facebook-Freundesliste ableiten lässt, dann schreibt man darüber, wie man über Rechtspopulisten berichten sollte, denn es ist ja wichtig, dass nicht so viel über die berichtet wird. Die deutschen Medien sind süchtig nach der AfD, da ist die Zeit keine Ausnahme.

    1. Simon Hurtz
      Simon Hurtz · vor mehr als 6 Jahre

      Mit urlaubsbedingter Verspätung: Du hast recht, leider. Es ist vermutlich Wunschdenken, dass sich eine nennenswerte Zahl Journalisten hinterfragt und ihre Rolle reflektiert. Ich glaube schon, dass manche Redaktionen ihre frühere Berichterstattung mittlerweile kritisch sehen und genauer überlege, wie und ob sie über die AfD und anderen Populisten schreiben wollen. Am Ende bleiben die "Nicht über das Stöckchen springen"-Mahner aber wohl in der Minderheit.

      Umso wichtiger finde ich Rosens Forderung, eine eigene Agenda zu entwickeln und sich Themen nicht von denen vorgeben zu lassen, die am lautesten schreien und am schamlosesten provozieren.

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