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Kurator'in für: Fundstücke Zeit und Geschichte
Seit der ersten Stunde als Kurator bei Forum dabei: Dirk Liesemer arbeitet als Journalist für Magazine wie mare und G/Geschichte. Er hat Politik, Philosophie und Öffentliches Recht studiert, die Henri-Nannen-Journalistenschule besucht, immer mal wieder in Redaktionen gearbeitet und ehrenamtlich eine Reihe von Recherchereisen mitorganisiert und begleitet. Bisher fünf Bücher, darunter "Café Größenwahn" (2023), ein Ausflug zu den großen Kaffeehausliteraten des Fin de Siècle. Foto: Andreas Unger
Muss man jetzt schon einen Kolumnentext piqen? Einerseits nein, denn es ist ein Meinungsstück und natürlich darf jeder und jede eine Meinung haben und die kann man auch mal unkommentiert so stehen lassen, andererseits wird der Spiegel aber immer wieder routinemäßig für seine Cover kritisiert. Selten weil mal eines zu langweilig ist, fast immer weil sich jemand auf den Schlips getreten fühlt. Oder vermutlich noch entscheidender: weil jemand meint, irgendjemand könnte sich auf den Schlips getreten fühlen, was aus meiner Sicht wiederum eine Form von Paternalimus ist. Es wäre sicher falsch, grundsätzlich auf die Pressefreiheit zu verweisen und alle Kritik pauschal als ungerechtfertigt abzutun, aber ich denke, dass es zum Spiel dazu gehört, nicht nur die Kritiken, sondern auch die Repliken wahrzunehmen (auch wenn es sich in diesem Fall streng genommen nicht um eine solche handelt, denn der Autor wird bei Entscheidungen zum Titelbild nicht gefragt). Stefan Kuzmany findet jedenfalls den richtigen, lässigen Ton und notiert als entscheidenden Satz: "Wer seine Heimat kennt, der lässt sich doch nicht aus der Ruhe bringen von einem ironischen Seitenhieb." Man kann darauf natürlich antworten, dass Ironie grundsätzlich nichts auf einem Cover zu suchen hat, weil sie oft nicht verstanden wird, schon gar nicht auf den ersten Blick. Aber so wenig Intelligenz sollten wir unseren Mitmenschen dann doch lieber nicht unterstellen. So, dieser Piq ist nun auch ordentlich mit meiner eigenen Meinung angereichert, sorry dafür! Aber wir sind ja hier im Community-Bereich und demnächst geht's wieder nüchterner zur Sache, vermutlich mit einem Piq zur Titelgeschichte des aktuellen Spiegel, über die ich schon mehrmals gelesen habe, dass man sie unbedingt lesen sollte.
Quelle: Stefan Kuzmany Bild: DER SPIEGEL spiegel.de
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Ich wohne ja als bayerischer Wessi auch im Osten und muss ehrlich sagen: Inzwischen langweilt mich diese höchst intensive, fast schon psychotherapiehafte Beschäftigung mit allen möglichen Erscheinungsformen ostdeutscher Befindlichkeit. Ich finde, das ist journalistisch irgendwie auserzählt.
Der Spiegel wird zu Recht häufig für seine Cover kritisiert. Ich finde die immer wiederkehrenden anti-muslimischen Motive zwar schlimmer als das hier, weil sie in einem bereits gewalttätigen Klima ganz real weiter Gewalt gegen nicht weiße Menschen in Deutschland schüren, aber dieses Bild ist trotzdem auch Mist. Viele Menschen sehen ja nur das Titelbild und lesen den Artikel gar nicht. Wenn auf "ironische" Art eine bereits benachteiligte Gruppe in der Gesellschaft pauschal verurteilt wird, mögen das manche irgendwie lustig finden, allerdings sicherlich vor allen Dingen solche, die der betreffenden Gruppe selbst gar nicht angehören. Im Gegegnteil, bei Ostdeutschen (fast egal, welche politische Einstellung sie haben) bestätigt sich der Eindruck einmal mehr, dass westdeutsche Medien dem Osten gegenüber vorallem arrogant, paternalistisch und ignorant entgegentreten. Dieser Eindruck ist ja auch nicht gerade aus der Luft gegriffen. Das steigert ein Wir gegen Die Gefühl und fördert weiterhin Spaltung. In der momentanen Situation das letzte, was wir brauchen.
Auf Twitter las ich, dass die Leiterin des Ressorts "Titelbild" aus Meck-Pomm stamme und der Autor der Titelgeschichte aus Thüringen. Jana Hensel kommentierte dies mit "Auch das ist ein alter Hut: die Klischees stecken in uns allen drin." https://twitter.com/ja...
Ich finde das Cover auch nicht schrecklich, aber es bringt gleich eine Ebene mit in die Debatte, die Sachlichkeit und Konstruktivität erschwert. Quasi "analoges Clickbait" meinte ein Freund, mit dem ich darüber sprach und das kann man beim Spiegel doch eigentlich besser.
"Die wenigen Stimmen, die darauf hinweisen, dass der Titel das Klischee in ironischer Stammtischsprache nur deshalb aufnimmt, um es, worauf bereits die Unterzeile hinweist, im Inneren zu dekonstruieren und zu widerlegen, verhallen praktisch ungehört."
Ist ja wirklich so und insofern hat er ja Recht der Herr Kuzmany. Andererseits heben eben der Hut und die Worte "warum er anders wählt" so eindeutig auf neorechts ab und das ist eben das EINE Klischee und nicht zu vergleichen mit der Summe alberner Klischees zum Beispiel über Bayern, mit denen ich auch von sonst sehr vernünftigen Menschen zeitlebens genervt werde.
Also nix zum Aufregen, aber auch nix worauf man stolz sein müsste beim Spiegel.
... ach ja, von "uns" Ostdeutschen wird ja seit 30 Jahren verlangt/erwartet, dass "wir" souverän über alles stehen und damit alles über "uns" ergehen lassen, was aus dem "Westen" kommt bzw. was sich der "Westen" für "uns" ausgedacht hat .... und sei es nur das übliche Märchen darüber, dass der Osten AfD wählt ... wobei doch die amtlichen Zahlen der letzten Bundestagswahl und der letzten EU-Wahl beweisen, dass auf eine Ost-Stimme für die AfD zwei West-Stimmen für die AfD kommen. Und die AfD-Hochburgen in NRW, Baden-Württemberg und Bayern liegen. Aber darüber wird eben nicht berichtet oder diskutiert. Ein Schelm, wer dabei Arges denkt ....