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Kurator'in für: Fundstücke Medien und Gesellschaft
Mag es, gute Geschichten zu erzählen.
Mag es, gute Geschichten zu lesen.
Mag es, gute Geschichten zu teilen. Das tut er hier.
Mag es gar nicht, in der dritten Person über sich zu schreiben.
Die SZ ist mein wichtigster Auftraggeber. Nach vier Jahren als Redakteur in München arbeite ich nun als freier Autor in Berlin. Deshalb hatte ich mit der Entstehung dieses Wertepapiers nichts zu tun und denke, dass ich es unvoreingenommen und objektiv piqen kann.
Der Redaktionsausschuss hat gemeinsam mit vielen Kollegïnnen zehn Punkte erarbeitet, die "als Kompass die Richtung weisen [sollen], in die sich die SZ entwickeln muss, um auch in Zukunft an der Spitze des Qualitätsjournalismus zu stehen."
Das ist nahezu die einzige Formulierung, die ich nicht mag. Muss es die Spitze sein, braucht es den Vergleich mit anderen? Das Q-Wort war schon 2015 überstrapaziert, und ich finde nicht, dass es gut gealtert ist. Vielleicht gibt es keinen besseren Begriff, um Recherche und Prinzipien von sensationslustigen Schlagzeilen abzugrenzen, aber mich schrecken solche Selbstvergewisserungen eher ab.
Auf die Präambel folgen zehn Grundwerte, die ich vorbehaltlos unterstütze. Die Texte sind sprachlich klar und erfreulicherweise gegendert – für die SZ alles andere als selbstverständlich. Sie wirken nach vorn in die digitale Zukunft gerichtet, statt goldenen Print-Zeiten nachzutrauern.
Natürlich reichen schriftliche Werte nicht aus, sie müssen auch gelebt werden. Aber ich halte dieses Papier für eine gute Grundlage und freue mich, dass die Kollegïnnen ein Selbstverständnis formuliert haben, mit dem ich mich identifizieren kann.
Das sind die zehn Eckpunkte – die vollständigen Erklärungen findet ihr bei der SZ:
1. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Süddeutschen Zeitung begreifen sich über alle Ressorts und Veröffentlichungskanäle hinweg als eine Redaktion.
2. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SZ hören einander zu, unabhängig von Alter, Geschlecht, Hierarchie und Betriebszugehörigkeit.
3. Die Süddeutsche Zeitung ist ein vertrauter, unbestechlicher, neugieriger, offener, kluger und wenn möglich heiterer Freund und Begleiter.
4. Die tiefe regionale Verankerung ist ein Alleinstellungsmerkmal, das die SZ in Stil und Ton besonders prägt.
5. Die Süddeutsche Zeitung versteht sich als Leuchtturm in einer unruhigen und unübersichtlichen Welt.
6. Ein guter Text ist ein guter Text, egal, ob dieser digital ausgespielt oder gedruckt wird.
7. Die Redaktionsmitglieder sind offen für die journalistischen Möglichkeiten neuer Kanäle und Technologien.
8. Die Redaktion versteht Zahlen und Daten als Chance und nutzt sie, ohne sich zu deren Sklaven zu machen.
9. Die SZ-Identität ist in allen ihren Produkten – ob analog oder digital – deutlich spürbar.
10. Leserinnen und Nutzer verändern sich ebenso rasant wie die Redaktion. Es gilt, ein neues und offenes Verhältnis auf Augenhöhe zu begründen.
Quelle: SZ-Redaktionsausschuss Bild: SZ projekte.sueddeutsche.de
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Wie sich hier bestätigt, ist es nicht einmal für Profis einfach, Werte zu formulieren. Die vielen Worte, die hier gebraucht werden, zeigen, dass viel erklärt werden muss. Das passiert oft dann (in Unternehmen z.B.), wenn man etwas verfassen will, mit dem sich alle wohlfühlen und sich wiederfinden. Ein klares Profil entsteht so leider nicht. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass es um die SZ geht, hätte das von fast jeder anderen großen Zeitung stammen können. Eine Frage: warum muss man das überhaupt veröffentlichen?
In gut geführten Unternehmen ist es in der Regel so, dass Werte diejenigen des/der Unternehmer:in sind und man sich daran orientieren kann, um zu entscheiden, ob man dabei sein will. Womöglich gibt es ganz klare Werte noch aus der Gründung der Süddeutschen? Und womöglich sind diese nach wie vor stimmig und gültig? Das fände ich interessant zu lesen.
Das klingt richtig peinlich, was die Süddeutsche da zu Papier gebracht hat. Wenn sie ein junges Tech-Start-Up aus Berlin wär, dass sich schnell noch mal seiner Werte vergewissern möchte, hey, nice! Aber als altes Flaggschiff ist das schon ein ziemliches Armutszeugnis (vor allem, wenn es scheinbar nicht so gelebt wird). Aber da prallen wahrscheinlich wirklich Journalismuskulturen aus verschiedenen Welten aufeinander und alleine diese einfachen Zeilen haben vermutlich schon intern einiges an Kraft gekostet. Für meine Hoffnung auf besseren Journalismus, verdüstert sich eher mein Bild.
Lieber Simon Hurtz, Sie schreiben sonst klug und picken kritisch Texte heraus. Ich freue mich oft über Ihre Hinweise. Aber hier staune ich, wie naiv und blauäugig Sie einem Framing aufsitzen. Vielleicht liegt es an Berlin und der Entfernung. Nur mal so: Gerade ist eine designierte Chefredakteurin (ja, zufällig eine Frau) quasi schon vor Antritt entmachtet worden, indem man ihr komplett neu umgebaute Ressorts und Ressortleitungen vor die Nase setzt, ohne ihre Expertise abzuwarten, ohne ihr Zutun. Peinlich auch öffentlich seit dem Bericht aus der Berliner Zeitung. Dekorierte SpitzenschreiberInnen verlassen das Blatt. Teils langweilige, immer weiße, und alles nicht mehr junge Männer haben sich schnell noch Posten zugeschustert, denen dem Erleben und Vernehmen nach zumindest einige noch nie gewachsen waren (künftige Zusammensetzung der Chefredaktion). Diversität und Öffnung? Gleichberechtigung? Abgesehen davon sind diese „Werte“ solche (selbstverständlichen) Allgemeinplätze, dass man sich fragt, was eigentlich mit der Süddeutschen los ist, wenn sie es für nötig hält, sich die aufzuschreiben: Vergisst sie die sonst? Oder ist es drängend geworden, weil sie sich zu oft nicht nach diesen Werten richtet? Fragt, rhetorisch, eine treue Abonnentin und Ehemalige der SZ