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Kurator'in für: Fundstücke Medien und Gesellschaft Flucht und Einwanderung Feminismen
Reporter, Kurator, Autor für deutsche und internationale Medien. Studium der Politikwissenschaft/Anthropologie. Themen: Weiße Mehrheitsgesellschaft, MENA, Autokratien, Kapitalismuskritik, Feminismus und kritische Theorie.
In nur wenigen Tagen haben ARD und ZDF zwei (aus journalistischer Sicht) problematische Sommerinterviews mit den beiden AfD-Politiker*innen Tino Chrupalla (in der ARD) und Alice Weidel (im ZDF) ausgestrahlt. Hier wie dort haben die rechtsextremen Politiker*innen ihre menschenfeindlichen Thesen verbreitet, falsche Zahlen und rechtlich fragwürdige Forderungen platziert. Auf Tagesschau.de erschien deswegen begleitend zum Interview ein Faktencheck, der einen etwas verzweifelten Eindruck hinterlässt. Hatte der AfD-Chef im Hauptprogramm ja seine Sendezeit samt Falschinformationen schon längst bekommen. Einige User*innen beschwerten sich im Netz über Pushnachrichten, die sie von der tagesschau-App auf ihre Handys erhalten haben sollen. Dort war (zunächst ohne Kontext) zu lesen: "Weidel wäre eine sehr gute Kanzlerkandidatin." Eine Formulierung wie aus der AfD-Propagandazentrale.
Seit Jahren stehen vor allem die sogenannten Sommerinterviews in der Kritik. Die Idee dahinter ist durchaus lohnenswert: Politiker*innen können ausgeruht und ohne aktuellen Nachrichtendruck von erfahrenen Journalist*innen kritisch interviewt werden. Alles schön inszeniert, meist in einer ruhigen Natur-Kulisse. Nur funktioniert diese Idee im Fall von Rechtsextremismus nicht: Falschinformationen, Hass, Spekulationen und politische Plattitüden, so können die entsprechenden Interviews mit AfD-Figuren beschrieben werden. Das gilt auch für Print-Interviews und Gastbeiträge von Politiker*innen, die (meiner Meinung nach) generell abgeschafft werden sollten. Dazu kommt noch, dass die AfD (und andere rechtsextreme Parteien) sich bei diesen Auftritten in den klassischen Medien bedienen, um ihre Propaganda-Maschine im Netz zu speisen.
Auch anderswo lässt sich dieses journalistische Phänomen im Umgang mit Rechtsextremismus beobachten: Über Jahre hinweg konnte sich die Chefin des rechtsextremen Front National normalisieren – dank ihrer medialen Präsenz. Marine Le Pen kam im französischen Fernsehen mehrmals in Home-Stories vor, in denen sie die Liebe zu ihren Katzen betont, schöne Familienbilder an der Wand kommentiert, sich in einen Sessel zurücklehnt und sanft lächelt. Diverse Medienhäuser freuten sich über so viel Nähe, profitiert hat in Frankreich davon aber vor allem der Rechtsextremismus, der (aufgrund einer Brandmauer) bei der Parlamentswahl nun zwar nicht auf Platz eins gelandet ist aber sein Ergebnis stark verbessern konnte.
Ein krasses Beispiel journalistischer Naivität hat der US-Sender CNN nur wenige Stunden vor der zweiten Runde der französischen Parlamentswahlen ins Netz gestellt: Christiane Amanpour sitzt bei einem als konfrontativ inszenierten Interview gegenüber von Marine Le Pen und liest Fragen von ihrem Tablet ab. Das Problem: die Moderatorin ist inhaltlich mehr als nur schlecht auf das Gespräch vorbereitet, wirkt wenig souverän gegenüber einer eingespielten Le Pen, die einfach Dinge behaupten kann und als wäre das nicht genug prangt im Hintergrund noch das Logo der rechtsextremen Partei. Ein Paradebeispiel warum im Journalismus generell über den Umgang mit rechtsextremen Parteien und Politiker*innen nachgedacht werden muss.
Dabei ist CNN der Sender, der in der Vergangenheit wegen seines Umgangs mit Donald Trump eigentlich aus der Geschichte hätte lernen können. Viele Medien in den USA, das ist heute klar, haben dem rechtsextremen Trump überhaupt zu seiner ersten Präsidentschaft verholfen. Mit bis zu 2 Milliarden Dollar gratis Sendezeit, in denen Trump seine Botschaften ungefiltert und in Szene gesetzt für Millionen von Menschen platzieren konnte.
Quelle: Moritz Post www.fr.de
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Vielleicht sollten sich die Medien nicht nur ein anderes Volk sondern auch andere Politiker suchen? Und wovon sollten Medien leben, wenn es diese andersdenkenden Minderheiten nicht gäbe? Was haben denn die deutschen Medien aus ihrem Umgang mit den rechten Parteien gelernt. Sind diese nicht gerade durch die undifferenzierten Angstkampagnen immer größer geworden?
Ja, Falschbehauptungen sind zu entlarven, aber nicht nur die der AfD.
Ist ja eine alte Debatte mittlerweile. Und ich kann da nicht mit. Sind "Medien" in der Situation zu canceln, was durch unsere Rechtssysteme nicht unterbunden wird? Ich glaube nicht. Man überlege, wie so ein Boykott sich auf den Opfermythos dieser Kräfte auswirken würde, wie sie das ausschlachten würden für ihren kranken Narrativ von ihrem "Endkampf" um die "wahre" Demokratie, wie sehr er ihrer inneren Radikalisierung und Stabilisierung dienen würde.
Und anders gefragt: braucht die AfD die Öffis um zu wachsen? Wohl scheinbar nicht.
Es bleibt nur die Kritik an den einzelnen Medien und Medienschaffenden, wenn sie schlecht vorbereitet sind und es ihnen nicht gelingt die politische und gesellschaftliche Dysfunktionalität rechtsextremer Politik zu enttarnen.