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Medien und Gesellschaft

Germanist Rainer Moritz über den Trend des "sensitivity reading"

Dirk Liesemer
Autor und Journalist
Zum Kurator'innen-Profil
Dirk LiesemerMittwoch, 08.12.2021

Sind wir zu sensibel? Oder noch gar nicht sensibel genug? Vor manchen Filmen erscheint seit einiger Zeit ein Warnung, dass die folgende Sendung für manche Personen irritierend sein könnte. Man kann darüber schmunzeln, aber so lange die Filme trotzdem gezeigt werden, spielen solche Warnungen letztlich keine Rolle. Warum es jedoch problematisch wird, wenn solche Warnungen auch in die fiktionale Literatur einsickern, wenn sich also Verlage wie Helikoptereltern verhalten und immer ängstlich ums eigene Publikum kreisen, das legt der Germanist, Übersetzer und Literaturkritiker Rainer Moritz in diesem gepiqten Text dar. Für den neuen Trend gibt es natürlich längst ein Schlagwort: sensitivity reading. Ihn selbst erfasst dabei "das pure Grauen". Irritierend finde ich besonders den Punkt, dass es deren Befürwortern um Authentizität geht. Denn offenbar soll nur eine ganz besondere Form von Authentiztät gelten. Unterhaltsam ist besonders der zweite Teil des Textes mit den konkreten Beispielen.

Germanist Rainer Moritz über den Trend des "sensitivity reading"

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Kommentare 3
  1. Dominik Lenné
    Dominik Lenné · vor 3 Jahren

    Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust, wenn ich dieses lese.
    Literatur vergangener Zeiten transportiert auch immer die Geisteshaltung vergangener Zeiten.
    Und: die herrschenden Gedanken sind die Gedanken der Herrschenden.
    Und: Es gibt nicht *die* Literatur. Sie ist immer von jemand Bestimmtem in einem bestimmten Assoziationsfeld geschrieben.
    Und: Vielleicht ist es auch ein wenig Selbstüberschätzung der Literatur, wenn sie sich für fähig hält, Menschen zu (re)traumatisieren.
    Und: Ja, chauvinistisches Verhalten aller Couleur steckt auch an.
    Und: Was passiert mit dem Schweinehund in uns, wenn er keine Form mehr findet. Verschwindet er? Ich glaube nicht.
    Und: heute kann man nicht mehr provozieren, indem man Sitten durchbricht. Nicht mit Literatur. Der Provokateur als Rebell hat ausgedient, die Provokation alter Schule ist abgeschmackt geworden.

  2. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor 3 Jahren

    Triggerwarnungen an sich wollen ja was gutes. und nein, sie sind also nicht grundsätzlich "Totengräber der Kunst"; denn Kunst darf n i c h t alles.

  3. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor 3 Jahren

    Ein guter Text mit einer schönen Pointe: "Die Totengräber lächeln uns an; sie meinen es ja nur gut."

    Und das Gemälde von Manet passt genau.

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