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Medien und Gesellschaft

"Dark Ads" im Brexit: Was so alles bei Facebook an Desinformation umhergeisterte

Alexander Sängerlaub
Publizist, Journalist, Utopist

Programmleiter Zukunft des Journalismus am Bonn Institute & Direktor futur eins

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Alexander SängerlaubDienstag, 07.08.2018

Was wünscht man sich als zwielichtiger Akteur, um im Verborgenen eine Wahl zu beeinflussen? Vielleicht eine große Plattform, mittels der ich viele Menschen einfach und personalisiert erreiche, um gezielte Propaganda zu schalten. Absoluter Wunschtraum: Möglichst unter Ausschuss der Öffentlichkeit. Et Voilà: Kannst du haben – Facebook!

Klar, Wahlbeeinflussung ist komplexer als das und die Rolle, die Boris Johnson (der rote Brexit-Bus), David Cameron und andere Konsorten beim Brexit gespielt haben, ist wahrscheinlich wichtiger als alle Einflüsse von außerstaatlichen Akteuren zusammengerechnet. Aber der Erfolg der Populisten wird ohne Zweifel durch den Medienwandel und neue Kommunikationskanäle sowie neue Möglichkeiten, Propaganda zu verbreiten begünstigt.

Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss im britischen Unterhaus hat sich nun konkret mit der Rolle von Facebook, "Dark Ads" und "Fake News" beschäftigt und hat sich auch die Kampagnen der Brexitbefürworter genauer angeschaut. Und siehe da: Allerlei massiver Unsinn wurde dort über die EU mittels personalisiert geschalteten, nicht öffentlich sichtbaren Werbeanzeigen (= Dark Ads) verbreitet. Von der neuen britischen Außengrenze zu Syrien bis zum EU-Beitritt Albaniens war allerhand dabei, um die Stimmung gegen die Europäische Union anzuheizen.

Correctiv hat sich ein paar der Anzeigen angeschaut und berichtet auch über die Rolle Arron Banks, der 8,4 Mio. britische Pfund an die "Vote Leave"-Kampagne gespendet hat:

„Meine Erfahrung mit sozialen Medien ist, dass sie ein Feuersturm sind, der wie ein Buschfeuer über alles fegt. Unsere Fähigkeit war, Buschfeuer zu erzeugen und dann einen großen Ventilator darauf zu richten und ihn zum Wehen zu bringen. [...] Die Einwanderungsfrage war es, die die wilden Feuer in Brand setzte.”

Übrigens: Die Europawahl naht und außer ein bisschen Selbstverpflichtung ist bei Facebook noch nicht viel passiert...

"Dark Ads" im Brexit: Was so alles bei Facebook an Desinformation umhergeisterte

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Kommentare 8
  1. Leopold Ploner
    Leopold Ploner · vor mehr als 6 Jahre

    Die Dark Ads sind erstmal ein Werkzeugkasten, um sehr präzise eine bestimmte Zielgruppe zu erreichen. Erstaunlich finde ich, das die Rechten diese Möglichkeiten kreativ nutzen, während links/grün/liberal herumjammert, und mehr Kontrolle fordert.

  2. Bernd Oswald
    Bernd Oswald · vor mehr als 6 Jahre

    ganz unabhängig davon, wie "dark" die inkriminierten Anzeigen waren: Sie arbeiten auf jeden Fall mit Falschinformationen und betreiben so gezielt Desinformation - mit verheerenden Folgen. Der Artikel ist wirklich stark, weil er das haarklein dokumentiert und auch thematisiert, wie zäh es war, Facebook diese Infos aus dem Kreuz zu leiern.

  3. Frederik Fischer
    Frederik Fischer · vor mehr als 6 Jahre

    Was mir an der Bezeichnung "Dark Ads" gefällt: Das damit neue Aufmerksamkeit auf das Phänomen gerichtet wird.
    Was mir nicht gefällt: Das der Begriff impliziert, es gäbe auch andere Ads auf Facebook. Dabei sind nach meinem Verständnis alle Ads (zumindest auf FB) "dark ads". Oder verstehe ich da etwas falsch?

    1. Silke Jäger
      Silke Jäger · vor mehr als 6 Jahre

      Dark Ads sind solche,. die man nicht auf der Facebookseite desjenigen findet, der sie gebucht hat. Facebook hat das inzwischen geändert: Wer werben will, muss die Anzeige über die Facebookseite auffindbar machen. Damit man nachvollziehen kann, was die Werbetreibenden so alles bewerben und wie viel Geld sie dafür ausgeben. In der Praxis ist die Transparenz dadurch aber nicht so groß wie gehofft, denn man kann nur nachgucken, indem man die Facebookseite sucht und sich aufwendig durchklickt. Dark Ads gibt's also offizielle gar nicht mehr.

    2. Frederik Fischer
      Frederik Fischer · vor mehr als 6 Jahre

      @Silke Jäger Dass diese Änderung schon umgesetzt wurde, hatte ich nicht mitbekommen. Besten Dank für den Hinweis.
      Hab das gerade ausprobiert. Ist auf jeden Fall ein Schritt nach vorne. Was allerdings fehlt, ist Auskunft über die Wirkung der Werbung, da alle Angaben über Likes, Shares und Kommentare ausgegraut werden und was natürlich auch eine hochrelevante Information wäre: Wer war die Zielgruppe?

    3. Silke Jäger
      Silke Jäger · vor mehr als 6 Jahre

      @Frederik Fischer Ja, genau. Zielgruppeneinstellungen und Stats wären wirklich wichtig, vor allem bei politischen Anzeigen. Das macht FB bestimmt erst dann wahr, wenn es explizit dazu aufgefordert wird, von Gerichten, Parlamenten oder so. Das war ja bisher bei solchen Änderungen auch immer der Fall. Das ist zum Beispiel der Grund, warum die Briten weniger Infos über die Anzeigen bekommen haben als die Amerikaner: Sie hatten nicht explizit nach den Stats gefragt ... Facebook bewegt sich wirklich bedrückend langsam.

    4. Alexander Sängerlaub
      Alexander Sängerlaub · vor mehr als 6 Jahre

      @Silke Jäger Der Begriff "dark ads" entstand wohl mehr als Abgrenzung zur klassischen Werbung, die ausnahmslos bisher öffentlich war (zumindest Formen "legaler" Werbung, Advertorials und Co. schließen wir mal aus). Facebook hat das inzwischen seit 5-6 Wochen auch in Deutschland freigeschaltet. Problem ist nur, dass die Werbung ja nicht unbedingt von offiziellen Accounts kommen muss. Die Beeinflussungversuche bspw. auf das Referendum zur Abtreibung in Irland kamen von der Alt-Right-Bewegung aus den USA – da muss man schon ein ganz schöner Fuchs sein, um vorher zu erahnen woher die Anzeigen kommen könnten. D.h. mit der jetzigen "Transparenzpolitik" von Facebook machen sie mal wieder auch nicht mehr als "Salamitaktik".

    5. Silke Jäger
      Silke Jäger · vor mehr als 6 Jahre

      @Alexander Sängerlaub Mühsam, weil man sich immer genau anschauen muss, wie FB "Transparenz" auslegt. Das Referendum in Irland war dafür ganz aufschlussreich.

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