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Medien und Gesellschaft

Corona in deutschen und schweizer Medien - eine kritische Analyse

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
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Thomas WahlDienstag, 27.10.2020

Timo Rieg  versucht mit einer Artikelserie auf Telepolis eine Kritik der journalistischen Berichterstattung über die Corona-Pandemie, die viele grundsätzlich bekannte Defizite gezeigt habe. So kamen etwa Recherche und Meinungsvielfalt oft zu kurz, wichtige Fragen wurden nicht gestellt, kritische Stimmen eher ignoriert. 

Rieg beginnt im ersten Teil der Serie mit einer allgemeinen Einordnung des Journalismus als sensibles Teilsystem unserer Gesellschaft und den zu erwartenden Problemen:

Etwa seinem permanenten Spagat zwischen Aufklärungsanspruch und kommerziellen Interessen (die selbstverständlich auch gebührenfinanzierte Sender haben). Journalismus leidet unter seinem wenig heterogenen Personal, das überwiegend in gleichen Biotopen lebt und den großen Rest der Welt von außen bestaunt (oder auch ignoriert). Er leidet an den üblichen Problemen hierarchischer Entscheidungsstrukturen ("Peter-Prinzip"). Er leidet an einem stark unterentwickelten Qualitätsmanagement. Und der Journalismus leidet daran, dass ausgerechnet die Kritiker vom Dienst, die sich in einem Anfall von Hybris bis heute gerne als "Vierte Gewalt" bezeichnen, äußerst beleidigt auf jede Kritik an ihrer Arbeit reagieren.

Dann wertete er eine erste große Qualitätsstudie für die Schweiz  zur "Qualität der Medienberichterstattung zur Corona-Pandemie"aus. Dabei kommen die Medien eigentlich recht gut weg. Wie zu erwarten hat Corona auch in der Schweiz zwar die Berichterstattung absolut dominiert.

Bis zu 75 Prozent aller Artikel in den Zeitungen und aller Rundfunknachrichten der Stichprobe beschäftigten sich mit der Pandemie. Eine vergleichbare Themendominanz hat es wohl lange nicht gegeben. Zum Vergleich: Das dominante Thema Klimawandel erreicht im vergangenen Wahljahr zur Spitze kaum mehr als 10 Prozent der Gesamtberichterstattung ...

Dabei finde ich es beruhigend, dass die Themenvielfalt in den Medien dementsprechend zwar insgesamt stark sank, aber laut der Schweizer Studie innerhalb des Corona-Feldes nahe am Optimum lag.

Die Themenvielfalt hat über die Zeit zugenommen. Zu Beginn der Pandemie erfolgte die Berichterstattung "zu insgesamt knapp 70% aus der Perspektive der Medizin (42,2%) und der Wirtschaft (26%)".

Und so kommen die Autoren der Studie zu dem Schluß:

Zusammenfassend wird die Berichterstattung den sich ändernden Informationsbedürfnissen der Bevölkerung im Laufe eines Krisenzyklus weitgehend gerecht. Zunächst erfolgt die Vermittlung von Grundlagenwissen, dann stehen die Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise deutlich im Vordergrund, gefolgt von der gemeinsamen Fokussierung auf die Maßnahmen und den Umgang mit der Krise sowie abschließend der Darstellung von Umgang, Maßnahmen und verursachten Schäden.

Für mich interessanter ist der Teil 2 der Artikelfolge unter dem Titel "Wenn schon die Fakten nicht stimmen". Er widmet sich der Frage, wie exakt muß ein journalistischer Bericht in jedem Detail sein, was sagen gehäufte Unexaktheiten über die Vertrautheit des Berichtenden mit dem Gegenstand seines Berichtes aus und wie genau kann und muß der Journalismus Fakt und Meinung auseinanderhalten?

Sicher, das wichtigste Qualitätskriterium im Journalismus ist die Richtigkeit. Aber wie "genau" kann Richtigkeit sein? Das von Rieg konstatierte Problem scheint mir real:

Umso erstaunlicher ist, wie viele Fehler sich im Journalismus finden. Neben Fragen zur Ethik fokussieren daher Medienwatchblogs vor allem auf Patzer bei der Richtigkeit, von denen es keineswegs nur bei der Bild-Zeitung reichlich gibt. Über die Tragweite einzelner Fehler in der Berichterstattung mag man streiten, letztlich kann aber jede Unrichtigkeit zu Fehlorientierungen führen, also genau zum Gegenteil dessen, was Journalismus für sich beansprucht. Zudem beeinträchtigt jede Unrichtigkeit das Vertrauen in Medien .....

Er verdeutlicht dies mit zahlreichen Beispielen aus der Coronaberichterstattung. Etwa mit der Tendenz, Kritiker der Corona-Politik pauschal als "Corona-Leugner" zu etikettieren. Das Problem dabei:

Die Etikettierung ist schlicht falsch. Sie mag auf ein paar wenige zutreffen, aber keineswegs auf das Gros, jedenfalls ausweislich ihrer Forderungen, ihrer Plakate, ihres Demo-Aufrufs, der Gespräche mit ihnen.

Alles nur kleine "Verschiebungen" weg von Fakten. Was aber macht das mit unseren Wahrnehmungen der Prozesse? Ist das eine Art kollektives, unbewußtes "Nudging" vieler Medien? Ein sich selbst organisierender Meinungspol (Gott sei Dank mit Ausnahmen)?

Corona in deutschen und schweizer Medien - eine kritische Analyse

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Kommentare 1
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor 4 Jahren

    Kleine Ergänzung:

    "Russ-Mohl: Es gibt dann in jedem Fall die Tendenz, sich zusammenzuscharen und "Leittieren" zu folgen, sowohl in der Politik wie im Journalismus. Hinzu kommt: Es gibt viel mehr PR-Experten als Journalisten. Sie beeinflussen die Berichterstattung, auch wenn Journalisten das selten wahrhaben wollen.

    ZEIT: Ist in einer unübersichtlichen Situation Sorge nicht besser als Verharmlosung?

    Russ-Mohl: Leider haben viele Medien auch in der Corona-Krise wochenlang eher geschlafen, als das Virus in Wuhan tobte. Auch das gehört zum Herdentrieb: erst kollektiv etwas nicht ernst nehmen – und sich dann reinsteigern.

    ZEIT: Gibt es Strukturen in den Medien, die das begünstigen?

    Russ-Mohl: Stichwort: Aufmerksamkeitsökonomie. Heute sind zahlende Leser, Hörer und Zuschauer wichtiger als Anzeigenkunden. Die haben oft ein Interesse, ihre eigenen Vorurteile bestätigt zu sehen, was einseitige Sichtweisen begünstigt. Da Journalisten heute in Echtzeit überprüfen können, was ankommt, entwickelt sich eine Eigendynamik.

    ZEIT: Und wie kommt der Journalismus da jetzt wieder raus?

    Russ-Mohl: Keine einfache Frage. Mehr Selbstreflexion in den Redaktionen würde helfen. Und lieber in Medien- oder Wissenschaftsjournalismus investieren anstatt in Sport- oder Politik-Berichterstattung."

    https://www.zeit.de/20...

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