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Medien und Gesellschaft

Christian Drosten über seinen Podcast: "Ich lese manchmal 40, 50 Studien zur Vorbereitung"

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

Mag es, gute Geschichten zu erzählen.
Mag es, gute Geschichten zu lesen.
Mag es, gute Geschichten zu teilen. Das tut er hier.
Mag es gar nicht, in der dritten Person über sich zu schreiben.

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Simon HurtzDienstag, 28.04.2020

Ich war unsicher, ob ich dieses Gespräch piqen soll, das SZ-Autorin Kathrin Zinkant mit Christian Drosten geführt hat – oder nicht doch das Guardian-Interview von Laura Spinney, das vor allem wegen der letzten Antwort interessant ist:

In Germany, people see that the hospitals are not overwhelmed, and they don’t understand why their shops have to shut. They only look at what’s happening here, not at the situation in, say, New York or Spain. This is the prevention paradox, and for many Germans I’m the evil guy who is crippling the economy. I get death threats, which I pass on to the police. More worrying to me are the other emails, the ones from people who say they have three kids and they’re worried about the future. It’s not my fault, but those ones keep me awake at night.

Letztendlich habe ich mich für das deutsche Interview entschieden, weil es mehr Aussagen enthält, die ich zuvor selten oder gar nicht gelesen habe. Ich will nicht zu viel vorwegnehmen und beschränke mich auf ein paar (teils leicht gekürzte) Appetithäppchen. Drosten sagt

  • über seine Erfahrung mit Medien: "Ich habe bald gemerkt, dass in dieser Krise viel Information verloren geht. (...) Aus den Interviews wurde viel herausgeschnitten. Mich hat das geärgert, ich habe da jeweils viel Zeit investiert. (...) Meine Frau war genervt, weil ich beim Frühstück immer wieder nach nebenan gehen musste, für Interviews. Auch da wurde verkürzt, der Kontext verändert."
  • über seinen Podcast: "Am Anfang konnte ich aus dem Nähkästchen plaudern, da habe ich Grundwissen von mir gegeben. Das ist inzwischen nicht mehr so. Ich lese manchmal 40, 50 vorveröffentlichte Studien zur Vorbereitung."
  • über die Heinsberg-Studie seines Kollegen Hendrik Streeck: "Wir haben telefoniert, und ich habe Auszüge der Daten bekommen – und die lassen erkennen, dass die Studie an sich seriös ist und gut werden könnte."
  • über die Zusammenarbeit von Streeck mit der Agentur von Kai Diekmann: "Ich finde das alles total unglücklich – und ich finde es noch schlimmer, wenn ich dann den Bericht im Wirtschaftsmagazin Capital darüber lese, dass diese PR-Firma Geld bei Industriepartnern eingesammelt hat, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Da geht es auch um ein internes Dokument, demzufolge Tweets und Aussagen des Studienleiters Hendrik Streeck in Talkshows schon wörtlich vorgefasst waren. Das hat mit guter wissenschaftlicher Praxis nichts mehr zu tun. Und es zerstört viel von dem ursprünglichen Vertrauen der Bevölkerung in die Wissenschaft."

Außerdem lobt Drosten die wunderbare Mai Thi Nguyen-Kim, kritisiert Wirtschaftswissenschaftlerïnnen, die in der aktuellen Situation kaum zu hören seien, erklärt, warum Kontaktbeschränkungen eben doch nötig waren, und wundert sich über die Theorie, das Virus sei durch einen Unfall aus einem Labor in Wuhan in die Welt gekommen.

Christian Drosten über seinen Podcast: "Ich lese manchmal 40, 50 Studien zur Vorbereitung"

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Kommentare 5
  1. Pari Niemann
    Pari Niemann · vor mehr als 4 Jahre

    Ich finde, die Medien und die Politik sollen die Virologen einfach in Ruhe lassen, damit sie konzentriert ihre Arbeit machen können. Corona soll uns endlich Geduld und Abwarten lehren. Eigentlich müssen Wissenschaftler auch interdisziplinär zusammenarbeiten. Gibt es nicht ein Krisen-Forum von allen Wissenschaftsbereichen? Es würde aber nur sinnvoll sein wenn sie alle faktenbezogen arbeiten und nicht selbstbezogen!

  2. Nutzer gelöscht
    Nutzer gelöscht · vor mehr als 4 Jahre · bearbeitet vor mehr als 4 Jahre

    Der Titel ist für mich irritierend. Aus dem piq lese ich, dass die Aussage "Das hat mit guter wissenschaftlicher Praxis nichts mehr zu tun." sich auf die Kommunikation bezieht, nicht auf die Studie selbst - was jedoch der Titel suggeriert. Was hat Dich bewogen, es im Titel mit der Studie in Beziehung zu setzen?

    1. Simon Hurtz
      Simon Hurtz · vor mehr als 4 Jahre

      Ich finde es schwierig, das komplett zu trennen. Am Ende zählt die Wahrnehmung der Studie, und die ist maßgeblich durch die PR-Arbeit beeinflusst – auf die sich die Forscherïnnen bewusst eingelassen haben. Das Zitat war für mich die zentrale Aussage des Interviews, und die Zeile bietet nicht genügend Platz, um die Differenzierung herauszuarbeiten.

      Aber wenn es dich sehr irritiert, ändere ich die Überschrift gern. Ich hatte gehofft, dass der Unterschied im piq selbst deutlich wird. Das klappt offenbar nicht. Danke für den Hinweis.

    2. Nutzer gelöscht
      Nutzer gelöscht · vor mehr als 4 Jahre

      @Simon Hurtz Ich kenne die Thematik mit dem kurzen, prägnanten Titel :-) Danke nochmals für den piq!

  3. Christoph Weigel
    Christoph Weigel · vor mehr als 4 Jahre

    ja, guter piq! hätte auch gern ein doppel-piq mit dem guardian interview sein können, das war nämlich auch in den teilen spannend, die du nicht rausgepickt(!) hattest.

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